Klimawandel: Das kommt auf München zu

Experten rechnen in den nächsten 87 Jahren mit einem Temperaturanstieg um bis zu vier Grad.
Julia Lenders |
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München - Wie wird sich der Klimawandel in München auswirken? Welche Risiken drohen der Stadt? Und wie kann sie sich dagegen rüsten? Mit diesen Fragen hat sich das Umweltreferat jetzt in einer umfangreichen Stadtrats-Vorlage befasst.

Die Parteien CSU, ÖDP und die Freien Wähler sowie das Stadtparlament von Trudering-Riem hatten der Behörde die Hausaufgabe gestellt, sich mit dem Problem eingehend zu befassen – in Form mehrerer Anträge. Die AZ fasst die zentralen Punkte zusammen.

DIE AUSGANGSLAGE

Das Klima verändert sich. In Deutschland ist über einen Zeitraum von gut 100 Jahren ein Temperaturanstieg von etwa einem Grad verzeichnet worden. Das Umweltreferat schreibt in seinem Bericht: „Unter seriösen Wissenschaftlern ist es unbestritten, dass von Menschen verursachte Treibhausgasemissionen die Ursache für diese Veränderung sind.“

Auch für München gibt es Auswertungen, die einen linearen Trend zeigen: die Jahresmittelwerte der Lufttemperatur nahmen von 1901 bis 2009 um 1,5 Grad zu.

DIE ZUKUNFT

Die Entwicklung ist nicht aufzuhalten. Dass der Wandel sich verstärken wird, scheint klar – selbst wenn fortan sehr viel in den Klimaschutz investiert würde. Globale Klima-Modelle gehen davon aus, dass die Temperatur bis zum Ende dieses Jahrhunderts zwischen 1,5 und 3,5 Grad höher liegen wird als jetzt.

Für Süddeutschland befürchten Experten einen Anstieg um 0,5 bis 2,5 Grad in den nächsten 37 Jahren, also bis zum Jahr 2050 – und ein Plus von 1,5 bis 4 Grad bis zum Jahr 2100.

Was droht München?

HITZE

Es wird erwartet, dass im Sommer „sehr hohe Temperaturwerte überdurchschnittlich häufig auftreten werden“. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts soll sich dieser Effekt noch deutlich verstärken.

Die Städter leiden unter Hitzeperioden besonders stark. Schon jetzt gibt’s den so genannten „Wärmeinsel-Effekt“: Häuserschluchten, Abgase, weniger Grün: Im Stadtgebiet ist es nochmal um zwei bis drei Grad wärmer als im Umland.

Während der zu erwartenden Hitzewellen wird die Feinstaub- und Ozonbelastung in München zunehmen. Der Bewässerungsbedarf steigt, was im Ernstfall zu Wasserknappheit führen kann. Auch die Stromnachfrage wächst, weil mehr Energie in Kühlungen gesteckt wird.

GESUNDHEITSPROBLEME

Hitzeperioden sind für den Körper eine Herausforderung. Besonders Kinder und alte Menschen leiden darunter. Durch extremes Wetter nehmen Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu. Die steigende Ozonbelastung kann Atemwegsbeschwerden auslösen. Außerdem drohen längere und stärkere allergische Beschwerden. Und auch mit einer Zunahme von Infektionskrankheiten muss man wohl rechnen.

STARKREGEN

Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich das aktuelle Niederschlagsmuster ändert. Im Sommer wird es in Zukunft weniger, im Winter mehr regnen. Für wahrscheinlich halten die Forscher auch, dass es häufiger „Starkregen-Ereignisse“ gibt.

Die Folge: Die Kanalisation muss mehr Belastung aushalten, örtlich drohen Überschwemmungen.

WAS TUN?

Einige Punkte liegen auf der Hand, ein paar Beispiele:

- München braucht ausreichend Frischluft-Leitbahnen und Freiflächen.

- Der Grüngürtel am Stadtrand und auch das innerstädtische Grün müssen weiterhin als Ausgleich dienen können.

- Die Stadt muss sich auf starke Niederschläge und damit verbundene Überflutungen vorbereiten. Um nur ein Erfordernis zu nennen: Auch die Gebäudeentwässerung bei stadteigenen Häusern muss angepasst werden.

- Schon seit zwei Jahrzehnten gibt es Härtetests für neue Straßenbaumsorten. Bei Trockenperioden sollen diese ja nicht gleich eingehen.

- Beim Bau und der Sanierung städtischer Gebäude muss das Thema Wärme- und Sonnenschutz eine größere Rolle spielen als bisher.

- Gleichzeitig muss sich München weiterhin ehrgeizigen Klimaschutz-Zielen verschreiben. Mit dem „IHKM“ gibt es bereits ein präventives Handlungsprogramm zur Vermeidung von Treibhausgasen.

MÜNCHENS PROBLEM

Keine andere deutsche Stadt ist so dicht besiedelt wie München. Der Zuzug ist enorm, der Wohnungsmangel eines, wenn nicht das größte Problem der Stadt. Dass Nachverdichtungen nötig sind, ist unbestritten.

Das allerdings verträgt sich nicht besonders gut mit den Freiflächen, die München braucht, damit es in heißen Sommern nicht unerträglich drückend wird.

Das Umweltreferat weiß um diese Krux. Im Bericht heißt es deshalb, eine zentrale Herausforderung bestehe darin, „Wachstum und gleichzeitig bestmögliche stadtklimatische Bedingungen mit hoher Aufenthaltsqualität in München zu vereinbaren“.

WIE GEHT’S WEITER?

Es gibt in München bisher zwar einzelne Ansätze zur Anpassung an den Klimawandel. Was aber fehlt, ist ein richtiges Maßnahmenkonzept, mit dem sich die Stadt rüstet. Das soll jetzt erarbeitet werden.

Derzeit wird eine so genannte „Klimafunktionskarte“ erstellt, die unter anderem Aussagen zum Luftaustausch treffen soll. Die also zum Beispiel zeigt: Wo sorgen Grünflächen für kalte Luft?

Dann wird eine Arbeitsgruppe bei der Stadtverwaltung gebildet, die konkrete Vorschläge entwickelt. Damit die Münchner auch in 50 oder 100 Jahren nicht vor Hitze eingehen müssen – oder vom starken Regen weggespült werden.

Auf Seite 2 lesen Sie: So viele Tote haben weltweite Wetterextreme zuletzt gefordert.

 


Das ist die traurige Bilanz von extremen Wetterereignissen seit fast 20 Jahren.

 

 

Warschau - Seit 1993 sind mehr als 530 000 Menschen bei über 15 000 extremen Wetterereignissen gestorben. Die materiellen Verluste liegen bei 2,5 Billionen Dollar. Das hat die Organisation Germanwatch gestern bei der Vorstellung ihres weltweiten „Klima-Risiko-Indexes“ mitgeteilt.

Haiti, die Philippinen und Pakistan waren 2012 die am stärksten betroffenen Staaten, wie Sönke Kreft, einer der Autoren des Berichts, auf der UN-Klimakonferenz in Warschau berichtete.

Der Karibikstaat Haiti, der noch immer unter den Folgen des verheerenden Erdbebens von 2010 leidet, habe im August 2012 während des Hurrikan „Isaac“ große Teile seiner Ernte verloren. Später gab es auch noch heftige Zerstörungen durch tropische Regenfälle infolge des Hurrikans „Sandy“, mindestens 200 000 Menschen wurden obdachlos.

Im langjährigen Vergleich von 1993 bis 2012 liegt Haiti auf Platz drei der besonders verwundbaren Staaten – hinter Honduras und Birma. Auf den Philippinen, wo die Zahl der Opfer nach Taifun „Haiyan“ noch nicht feststeht, starben ein Jahr zuvor mehr als 1400 Menschen durch Taifun „Bopha“.

Auch europäische Staaten landeten auf dem Risiko-Index. Extremes Wetter mit schweren Überschwemmungen in der Region Krasnodar brachte im vorigen Jahr auch Russland auf die Liste. „Nicht nur die Entwicklungsländer sind von Klimakatastrophen betroffen“, sagte Kreft.

Nach einer Hitzewelle auf dem Balkan befinden sich Serbien auf Rang sechs und Bosnien-Herzegowina auf Rang acht. Dass im Jahr 2003 mehr als 70 000 Menschen in Europa in Folge einer Hitzewelle starben, gehört laut Germanwatch ebenfalls zu den Folgen der Klimaveränderungen. Deutschland lag 2012 auf Rang 67.

 

 

 

 
 
 

 

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