Klimaaktivist in Präventionshaft im Hungerstreik

München - Dreimal am Tag bekommen die Häftlinge in der JVA Stadelheim etwas zu essen. Das gilt auch für die Klimaaktivisten, die auf richterliche Anweisung noch bis Anfang Dezember in Vorbeugegewahrsam bleiben müssen, weil die 13 Männer und Frauen weitere Protestaktionen ankündigen.
Wolfgang M. ist einer von ihnen. Seit vergangenen Donnerstag sitzt er in der JVA Stadelheim. Er ist inzwischen in den Hungerstreik getreten, wie seine Mitstreiter über den Kurznachrichtendienst Twitter mitteilten. "Er nimmt keine Nahrung zu sich, trinkt aber noch Wasser", sagt Noemi Mundhaas, Sprecherin der Gruppe Letzte Generation zur AZ. "So setzt er seinen Widerstand gegen den todbringenden Kurs der Bundesregierung in den Klimakollaps fort."
Inzwischen sind es sieben Tage, dass Wolfgang M. die Gefängniskost verweigert. Er wird in der Justizvollzugsanstalt medizinisch betreut. "Er wurde von einem Arzt auch über die Risiken eines Hungerstreiks aufgeklärt", sagt Polizeisprecher Andreas Franken. Manche im Netz reagieren mit Häme und Spott: Einer schrieb auf Twitter: "Nehmt ihm Kartoffelbrei und Tomatensuppe mit! Nein, nicht zum Essen, er kann es irgendwo dagegen schmeißen. Das wird sicher ein Spaß für den Wolfgang."
Andere sind tief besorgt. Der Nutzer Onkel schrieb: "Alle unsere Gedanken und Gebete sind bei Wolfi! Halte durch! Für alle gesundheitlichen Schäden ist jetzt die Bundesregierung verantwortlich."
13 Männer und Frauen in "Vorbeugegewahrsam"
Die 13 Frauen und Männer hatten sich am Stachus auf der Straße festgeklebt und damit den Autoverkehr blockiert. Es war eine von vielen bundesweiten Aktionen, mit denen Klimaaktivisten der Letzten Generation und auch Scientist Rebellion von der Regierung wirkungsvollere Maßnahmen gegen die fortschreitende Klimazerstörung fordern.
Vor allem der Freistaat geht gegen die "Klimakleber" besonders hart vor. Die Aktivisten sind nicht wegen einer Straftat verurteilt, sie sind in "Vorbeugegewahrsam". Möglich macht das in Bayern das Polizeiaufgabengesetz (PAG). Auf Antrag der Polizei kann ein Gericht einen Monat Gewahrsam verhängen, der sogar um weitere 30 Tage verlängert werden könnte. Gegen die Gewahrsamnahme der Aktivisten zogen am vergangenen Sonntag rund 1.000 Demonstranten vor die JVA Stadelheim.
Wolfgang gehe es den Umständen entsprechend gut, sagte Noemi Mundhaas. "Was er jetzt braucht, ist nicht unser Mitleid, sondern dass wir seinen Platz auf der Straße einnehmen."
Gestern hatte Wolfgang M. erstmals Kontakt zu seinem Rechtsanwalt. Auch die übrigen Aktivisten haben Anwälte. Den Hungerstreik werde er erst beenden, wenn die Bundesregierung einlenkt. Die Letzte Generation fordert beispielsweise ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen und die dauerhafte Wiedereinführung eines 9-Euro-Tickets.