Klenzestraße: Terrorfahnder schnappen mutmaßlichen Islamisten

MÜNCHEN - „Es waren Straftaten zu befürchten“ – die Polizei nimmt vier Personen vorübergehend fest. Seit mehreren Monaten ermittelte die Polizei bereits gegen die Männer mit "möglichem islamistischen Hintergrund".
Die Spannung löst sich um 10.17 Uhr. Zwei Polizisten des Unterstützungskommandos in schwarzen Overalls und Sturmhauben führen einen Mann in Handschellen auf die Klenzestraße hinaus. Semso T. trägt eine schwarze Decke über dem Kopf. Die Beamten stecken ihn in einen VW-Transporter und fahren zum Landeskriminalamt (LKA) zur Vernehmung. Oben im vierten Stock bleibt die Frau von Semso T. zurück. Sie ist verstört: Die Tür hält sie nur einen Spalt weit offen und versteckt sich dahinter. Nur ihr weiß-schwarz gepunktetes Kopftuch blitzt hervor.
Ein schönes Haus mitten im Glockenbachviertel: Renovierter Altbau, die Holztreppe knarrt, die Türen sind dunkelgrün gestrichen. Im Haus arbeitet ein Heilpraktiker, unten werkeln Architekten. An der Fassade prangt die Statue einer betenden Mutter Gottes.
Fest steht: Automechaniker Semso T. wurde bei einer konzertierten Aktion des LKA und der Staatsanwaltschaft München I vorläufig festgenommen. 54 Polizisten und Sachbearbeiter des LKA durchsuchten am Mittwoch von fünf bis zehn Uhr morgens drei Häuser in der Stadt. Neben Semso T. nahmen sie drei weitere Männer fest. Laut Staatsanwältin Barbara Stockinger gab es seit „mehreren Monaten“ Ermittlungen gegen die Gruppe, deren Mitglieder aus Serbien und Bosnien stammen.
„Es waren nicht unerhebliche Straftaten aus dieser Gruppe zu befürchten“, sagt Stockinger der AZ. Terror? „Möglich“. Islamistischer Hintergrund? Ja. Ein Anschlag auf die Wiesn? „Es gibt keinen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Oktoberfest“, sagt Stockinger. „Aus der aktuellen Gesamtlage heraus hat man sich aber entschlossen, die Durchsuchungsbeschlüsse sofort zu vollziehen. Wir wollen nichts anbrennen lassen und reagieren sensibel auf kleinste Hinweise.“
Die Durchsuchungsbeschlüsse bekam die Staatsanwaltschaft Anfang der Woche vom Amtsgericht – Grundlage dafür waren die Erkenntnisse aus dem Ermittlungsverfahren. „Wir hatten konkrete Hinweise auf eine Straftat“, sagt Stockinger. Für einen Haftbefehl war’s aber nicht genug: Drei Männer kamen am Nachmittag frei, der Vierte durfte später heim. „Es hat sich bei den Vernehmungen kein Tatverdacht erhärtet“, sagte Stockinger. Eine präventive Aktion wie die Ingewahrsamnahme zweier Männer am Samstag war es nicht. „Das macht nur die Polizei.“ Rechtliche Grundlage dafür ist das Polizeiaufgabengesetz.
T. Gautier