Kleine Parteien im Münchner Stadtrat: Die Pläne der Einzelkämpfer
München - Sie haben gekämpft und gehofft – es hat aber jeweils nur für einen Sitz im Stadtrat gereicht. Die Stadträte von Volt, der "Partei", der München-Liste und der Bayernpartei werden zunächst Einzelkämpfer sein – es sei denn, sie bilden Fraktionsgemeinschaften mit anderen Parteien. Der AZ haben sie erzählt, mit welchem Gefühl sie ins Rathaus einziehen, mit wem sie sich die Zusammenarbeit vorstellen könnten – und mit wem auf gar keinen Fall.
Volt: Fraktion mit demokratischer, proeuropäischer Partei möglich
Ganz knapp muss der Felix Sproll (27) alleine in den Stadtrat einziehen. Beinahe hätte er noch einen zweiten Mitstreiter bekommen. Seine Partei hat bei der Kommunalwahl 1,8 Prozent der Stimmen geholt. Mit dem Ergebnis ist Sproll zufrieden. Eine Strategie, die geholfen haben könnte, verrät Sproll: "Wir haben im Wahlkampf auch gezielt nicht-deutsche EU-Bürger angesprochen, die ein Wahlrecht haben."
Allein bleiben möchte er allerdings grundsätzlich nicht, sagt Sproll. Um das Ziel von Volt - die besten Ideen aus Europa in München umzusetzen - zu vermitteln, könne er sich eine Fraktionsgemeinschaft mit "jeder Partei, die demokratisch und für Europa ist" vorstellen. Sproll: "Ich gehe da ganz pragmatisch an die Sache heran." Er denke dabei primär an die Grünen, die ÖDP, FDP, die Rosa Liste, eventuell aber auch an die SPD und die Linke. Sproll verrät: "Die ersten Gespräche führe ich aktuell bereits."
Der gebürtige Augsburger hat sich schon immer für Politik interessiert, war schon 2008/2009 an den Bildungsstreiks beteiligt. In der Nacht des Brexit-Referendums, am 23. Juni 2016, konnte er vor Schock die ganze Nacht nicht schlafen. Einige Zeit später trat er Volt bei.
Sproll: "In München können wir vor allem mit Blick auf die Wohnungspolitik viel von Europa lernen." Er denkt etwa an die soziale Wohnungspolitik in Wien oder die Superblocks in Barcelona. Bei letzteren werden jeweils mehrere Wohnblöcke zu einem Superblock zusammengefasst. Es entstehen quasi eigenständige, autofreie oder -reduzierte Quartiere in der Stadt. Sproll: "Zum Beispiel in Sendling wären solche Quartiere durchaus umsetzbar."
Die Partei: Nicht mit FDP, AfD, CSU oder Bayernpartei
1,3 Prozent der Stimmen haben die Satiriker von "Die Partei" bei der Kommunalwahl für sich gewinnen können. Auf die große Frage, wie ernsthaft sie im Rathaus Politik machen wolle, antwortet Marie Burneleit: "Wir wollen so ernsthaft Politik machen wie alle anderen auch."
Zumindest ein großer Plan ist geplatzt. Eigentlich wollte "Die Partei" mit fünf Personen in den Stadtrat – und dort die "Rathaus-WG" gründen. Der Plan war, so Burneleit: "Wir wollten transparent aufzeigen, was in der Politik so passiert – nicht nur in den großen Sitzungen." Und zwar, so erklärt die 40-Jährige, die auch "Partei"-Vorsitzende in München ist, "um dem Ganzen den Zauber zu nehmen."

Eine Bürgersprechstunde, Podcasts und Live-Streams wolle sie jetzt jedoch trotzdem einrichten. Bleibt die große Frage nach einer möglichen Fraktionsgemeinschaft. "Da ist nicht die Frage, mit wem ich sie mir vorstellen kann, sondern wer sie sich mit mir vorstellen kann", sagt Burneleit. Einige schließt sie dann dennoch aus: Mit der FDP, der AfD, der CSU oder der Bayernpartei möchte Burneleit nicht in eine Fraktionsgemeinschaft.
München-Liste: "Mit der AfD geht überhaupt nichts"
Ihr sehr optimistisches Ziel, als brandneue Gruppierung zehn Prozent zu erreichen, haben Dirk Höpner und seine München-Liste im großen Stile verfehlt. Die München-Liste hat bei der Stadtratswahl nur 0,8 Prozent der Stimmen bekommen.
Ihre Ziele sind klar formuliert: Sie wollen Wachstum in der Stadt stoppen. Höpner spricht von mehreren "Brennpunkten in der ganzen Stadt", die "unter den Folgen des Wachstums leiden". Er nennt Beispiele: "Freiham als neuer Stadtteil – praktisch ohne ÖPNV-Anbindung, das chronisch verstopfte Aubing, die zubetonierten Gartenstädte und die Bausünden in der Altstadt." Als unverhoffter Einzelkämpfer möchte Höpner sich unbedingt in eine Fraktionsgemeinschaft einbringen. "Die Gespräche laufen vorsichtig an", sagt er verhalten. Ohne mehr verraten zu wollen, schließt er vor allem eine Partei aus. Höpner: "Mit der AfD geht überhaupt nichts."
Bayernpartei: Nur noch ein Sitz im Stadtrat
Von sechs aktuellen Bayernpartei-Stadträten bleibt nur noch einer übrig. Das ist, obwohl die alte Stärke an Überläufern lag, die eigentlich für andere Parteien gewählt worden waren, enttäuschend für die Partei. Richard Progl (40) ist ab sofort Einzelkämpfer. Mit 0,7 Prozent der Stimmen hat er es gerade noch in den Stadtrat geschafft. "Freilich wird's härter, jetzt ist man wieder allein", sagt Progl. "Zumindest erst einmal." Denn auch er ist auf der Suche nach einer Fraktionsgemeinschaft. Was Details betrifft, gibt der Stadtrat sich aber noch sehr geheimnisvoll. Wegen der Corona-Krise würden sich die Gespräche noch ein bisserl länger hinziehen, sagt er der AZ.
Zu möglichen Gesprächspartnern möchte er vorerst noch nichts sagen. Nur so viel verrät Progl: "Man hat schon telefoniert, so ist es ja nicht."
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