Kleidung, Wartung, Fahrstil: Sieben Tipps für Fahrradfahren im Winter

München - Der Mensch hat einen spärlichen Pelz und kann im Dunkeln nicht besonders gut sehen. Blöd im Winter, aber dafür hat er ja seinen Erfindungsreichtum. Und so sind auch allerhand Tricks zusammengekommen, wie die Radl in den kalten Monaten nicht in den Keller und die Radler nicht in die von Grippeviren bevölkerten U-Bahnen müssen.
Richtig eingepackt und ausgestattet geht’s auch bei Schnee(matsch), Wind und Feierabend in Finsternis noch mit dem Fahrrad dahin. (Lesen Sie hier: Stadt will Radwege sicherer machen). Im Folgenden finden Sie gesammelte Tipps fürs Radln im Winter.
Die richtige Kleidung beim Radfahren im Winter
In der richtigen Kleidung darf man anfangs etwas frieren: "Wenn man länger als zwei oder drei Kilometer unterwegs ist, sollte es einem auf den ersten Metern noch ein bisschen kühl sein“, sagt Stephan Behrendt vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) in Köln. Denn wer sich zu dick einpackt, schwitzt schnell und kühlt dann umso schneller aus.
Um das Verhältnis von Körperwärme und Schweiß bei kalten Temperaturen ins richtige Verhältnis zu setzen, empfehlen Outdoorspezialisten das Dreilagen-Prinzip aus Wäsche, Isolations- und Wetterschicht. "Die ideale Pendlerunterwäsche hat einen hohen Anteil an Merinowolle“, sagt Alexander Giebler vom Pressedienst Fahrrad (pd-f) in Göttingen.
Der Vorteil gegenüber Synthetik-Material: Es riecht kaum und trocknet schnell. "Man kann also so ein Shirt den ganzen Arbeitstag anhaben und muss es nicht wechseln“, sagt Giebler. Wichtig ist, dass die Wäsche eng anliegt, dann transportiert sie den Schweiß auch nach außen. Über die Wäsche kommt die Isolationsschicht. Statt des Naturmaterials Entendaunen, das zwar wärmt, aber schnell feucht wird und dann verklumpt, empfehlen Experten Daunenimitate: "Polyester- oder Polyamidgarn wird fein aufgesplissen und ahmt die Eigenschaften der Daune sehr gut nach, ohne bei Feuchtigkeit zusammenzufallen“, so Giebler. Hohes Isolationsvolumen erreicht zum Beispiel Fleece.
Bei der Außenschicht hat der Radler je nach Wetter die Wahl zwischen Soft- und Hardshell-Kleidung. Softshell bedeutet: nur wasserabweisend statt wasserdicht. "Hier steht die größtmögliche Atmungsaktivität im Vordergrund, also das Vermögen des Materials, Wasserdampf nach außen zu lassen“, sagt Giebler. Dies sei im Winter besonders wichtig, da man unter Umständen sehr schnell aufheize.
Peitscht allerdings der Regen oder schneit es ohne Unterlass, muss die "harte Schale“ drüber: wasser- und winddichte Regenjacke sowie -hose. Beides sollte nach Möglichkeit ebenfalls aus atmungsaktiven Membranstoffen gefertigt sein. Auf kürzeren Strecken, wenn man nicht so ins Schwitzen gerät, genügt beschichtete Kleidung mit guter Belüftung etwa durch Unterarmreißverschlüsse.
Radln im Winter: Die richtige Kopfbedeckung
Für den Kopf empfiehlt ADFC-Experte Behrendt eine Unterziehmütze aus Kunstfaser, da über den Kopf viel Wärme abgegeben wird und man dort besonders schnell auskühlt. Gut geschnittene Kapuzen passen ebenfalls unter den Helm. Nur sollten Radler schon beim Anprobieren darauf achten, dass sie das Gesichtsfeld eng umschließen und sich beim Drehen des Kopfes mitdrehen.
Wer beim Abbiegen in die Kapuze schaut, beschwört im Verkehr gefährliche Situationen herauf.
Rad-Beleuchtung im Winter besonders wichtig
Vor allem Radpendler werden im Winter spätestens den Rückweg in Dunkelheit bestreiten. Helle Kleidung sowie Reflektoren an Kleidung und Rucksack sind ratsam. Es gibt auch Winterhandschuhe, die blinken können: "Im Handschuhrücken sind Dioden und ein Neigungsmesser eingearbeitet. Sobald man den Arm zum Abbiegen ausstreckt und die Hand dabei hochkant hält, blinkt es“, erläutert Behrendt.
Immer mehr Fahrradfahrer sind mit hellem und mittlerweile erschwinglicherem LED-Licht unterwegs. Hier sei es wichtig, den Frontscheinwerfer korrekt einzustellen. "In zehn Metern Entfernung sollte der hellste Punkt des Lichtkegels auf den Boden treffen“, so Behrendt. Dabei setzen Radler am besten auf Stromversorgung per Nabendynamo, denn die alten Seitenläufer greifen vor allem bei Schnee und Matsch sehr schlecht und lassen das Licht bestenfalls flackern.
Kältebrücken beim Radfahren
Radler müssen sich in der kalten Jahreszeit auch mit sogenannten Kältebrücken auseinandersetzen. Das sind Stellen am Rad, an denen der Fahrer mit Metall in Berührung kommt und Kälte in den Körper gelangt. Beispiel Lenker: Ist das Lenkerband dünn und der Fahrer trägt keine Handschuhe, bekommt er schnell kalte Finger.
Für mehr Isolation am Po gibt es spezielle Sattelhüllen. Radler, die mit Klickpedale unterwegs sind, die über die Schuhplatte Kälte in den Fuß leiten, können über Isolationseinlagen oder gar Heizsohlen gegensteuern, empfiehlt Behrendt.
Glatteisgefahr im Winter
Auf verschneiten Wegen sollte man in Kurven nicht zu schnell fahren oder zu stark bremsen, um nicht zu stürzen, sagt Behrendt. Ab einer Reifenbreite von 35 Millimetern könne man auch mit weniger Luftdruck fahren, um die Aufliegefläche zu vergrößern. So greife das komplette Profil, erklärt Giebler. E-Bike-Fahrer schalten zum Anfahren am besten in die kleinste Unterstützungsstufe, um nicht wegzurutschen.
Ist der Untergrund vereist, versprechen Reifen mit Spikes mehr Bodenhaftung. Die größte Gefahr lauert laut Behrendt jedoch tagsüber auf trockener Fahrbahn in schattigen Abschnitten: "Wo die Sonne nicht hinkommt, kann unerwartet Reifglätte herrschen.“
Besonderheit E-Bikes im Winter
Mit einer eigenen Sorge müssen sich indes Pedelec-Fahrer herumschlagen: bei Kälte schnell schlapp machenden Akkus. Bei Lithium-Ionen-Zellen kann der Energieverbrauch im Winter laut pd-f manchmal doppelt so hoch sein wie unter Idealbedingungen. Bedeutet: Wer die Batterie schön warm hält, optimiert die Reichweite.
"Für E-Bike-Akkus gibt es wärmeisolierende Cover, doch bei längeren Stopps oder über Nacht sollten sie mit ins Warme genommen werden, sonst verlieren sie an Leistung“, sagt Thomas Knecht vom E-Bike-Hersteller Flyer. Weil die Reichweite der Batterien dennoch geringer ausfalle als im Sommer, rät Knecht, sie bei entsprechender Restladung lieber früher aufzuladen. Stefan Weißenborn
Weitere Tipps des ADFC für Winterradler
Helle Kleidung: Neben der Lichtanlage am Fahrrad gehört gut sichtbare und reflektierende Kleidung zur Sicherheits-Ausstattung aller Winterradler. Besser sichtbar wird man auch mit Reflektor am Helm. An die Hände gehören Fingerhandschuhe, am besten atmungsaktiv und wasserdicht. Wenn es zu Jahresbeginn zapfig wird, sollten keine Hautstellen frei bleiben. (Lesen Sie hier den AZ-Kommentar zum Thema Radfahren)
Bremsen checken: Besonders Stadtradler wissen: Die Bremsen sind ständig im Einsatz. Markierungen an den Bremsklötzen zeigen, wie abgenutzt sie eventuell sind. Bei Verschleiß müssen sie ausgetauscht werden. Wer sich das nicht allein zutraut, kann diese Reparaturen unter Anleitung von ADFC-Experten in der Selbsthilfewerkstatt (Platenstraße 4) des Fahrrad-Clubs durchführen. Der Bund Naturschutz (BN) rät außerdem, die Griffweite der Bremshebel im Winter auf Handschuhe angepasst einzustellen.
Abstand halten: Freilich gilt das ganze Jahr: Augen auf im Straßenverkehr. Im Winter sind die Sichtverhältnisse aber schlechter und die Fahrbahn rutschiger. Deshalb müssen Radfahrer besonders vorausschauend fahren. Der ADFC rät dazu, einen großen Abstand zu vorausfahrenden Personen zu halten, das Tempo zu reduzieren und Vollbremsungen zu vermeiden. Bei Glätte und fester Schneedecke sollte man zudem besonders in Kurven aufpassen. Am besten bremst man vorher und rollt dann in der Kurve. Abrupte Schlenker sind bei solchem Wetter besonders gefährlich und zu eng sollten die Kurven auch nicht gefahren werden. Mit weniger Luft in den Reifen erhöht sich die Reibung, man hat also besseren Halt.
Licht an: Am besten schon in der Dämmerung einschalten: Gesetzlich vorgeschrieben sind ein Frontscheinwerfer mit großem weißen Reflektor, ein Rücklicht und ein großer roter Reflektor hinten, nach vorne und hinten wirkende gelbe Reflektoren an den Pedalen, durchgehende Reflexstreifen an den Reifen oder je zwei gelbe Speichenreflektoren in jedem Laufrad.
Rost vorbeugen: Feuchtigkeit und Streusalz sind eine besondere Belastung für das Rad. Der Rahmen sollte regelmäßig abgewischt und die Kette mit speziellem Kettenöl für nasses Wetter geschmiert werden, damit nix rostet. Auch Radlager und Gelenke sind dankbar für eine Extraportion Fett. Und gegen vereiste Schlösser hilft ein kleines Enteisungsspray in der Tasche.