Interview

Klaus Dittrich verlässt die Messe München: "Die Krise hat uns flexibler gemacht"

Messe-Chef Klaus Dittrich geht in den Ruhestand. In der AZ blickt er zurück auf die schwere Corona-Zeit, Highlights wie den Papst-Besuch und den S-Bahn-Anschluss der Messe, der noch fehlt.
von  Gaby Mühlthaler
Nach einer Pause will Klaus Dittrich nach eigenen Angaben "wieder Verantwortung übernehmen, Dinge mitgestalten und Menschen helfen".
Nach einer Pause will Klaus Dittrich nach eigenen Angaben "wieder Verantwortung übernehmen, Dinge mitgestalten und Menschen helfen". © MMG

AZ-Interview mit Klaus Dittrich: Der 67-Jährige stand zwölf Jahre lang an der Spitze der Messe München.

München - Es ist ein Generationenwechsel - nach insgesamt 20 Jahren geht Klaus Dittrich in den Ruhestand. Wie berichtet, leitet nun die Doppelspitze Reinhard Pfeiffer und Stefan Rummel die Messe München (MMG).

Klaus Dittrich war seit 2002 Mitglied der Geschäftsführung, Anfang 2010 wurde er deren Vorsitzender. In den zwölf Jahren als Messe-Boss hat Dittrich die MMG unter die weltweit erfolgreichsten Messeunternehmen geführt und ihre internationale, digitale und nachhaltige Ausrichtung maßgeblich geprägt.

Unter Dittrichs Ägide wurde das neue Messegelände 2018 vollendet und verfügt nun über 18 Hallen mit 200.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche sowie 414.000 Quadratmetern Freifläche. Das wird nicht nur für die flächenmäßig größte Messe der Welt, die Bauma, benötigt. Diese ist wie Ispo Munich, Inhorgenta und Expo Real unangefochtene Leitmesse ihrer Branche. Prominentester Zugang: Die IAA Mobility. Sie fand 2021 mit neuem Konzept erstmals in München statt.

Finanzminister Füracker: "Klaus Dittrich hinterlässt ein gut bestelltes Haus"

Stark ausgebaut hat Dittrich das Auslandsgeschäft, vor allem im Wachstumsmarkt China und damit die MMG zum Global Player und einer der fünf umsatzstärksten globalen Messegesellschaften gemacht.

Als Klaus Dittrich vor drei Jahren auf Bitte der Gesellschafter seinen Ruhestand um zwei Jahre hinausschob, trafen Corona und Ukrainekrieg das Unternehmen hart. Dem Rekordjahr 2019 mit dem höchsten Konzernumsatz (474 Millionen Euro) folgte ein tiefes Loch - eineinhalb Jahre legte die Pandemie das Messegeschäft lahm.

Ein Sparkonzept - halbierte Geschäftsführung, weniger Mitarbeiter - wurde erarbeitet, damit die Gesellschafter Geld locker machen durften. Zugleich setzte man auf neue digitale Messeformate, die gut angenommen wurden. Dittrich hinterlässt laut Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) "ein gut bestelltes Haus".

Klaus Dittrich: "Wir müssen näher an die Kunden ran"

AZ: Herr Dittrich, durch die Verlängerung Ihrer Amtszeit mussten Sie schwere Zeiten meistern, haben Sie das nicht manchmal bedauert?
KLAUS DITTRICH: Keine Sekunde! Es war wichtig, dass jemand da war, der das Vertrauen von Gesellschaftern und Mitarbeitern hat. Wir gingen mit dem Anspruch "stärker rauskommen als reingehen" in die Krise und lernten unheimlich viel über digitale Veranstaltungen. Wir müssen näher an die Kunden ran. Die Bauma beispielsweise wurde nach drei Jahren Vorbereitung um ein halbes Jahr verschoben. Die neuen Formate machen das Unternehmen flexibler und agiler und öffneten andere Geschäftsfelder.

Klaus Dittrich: "Ab 15. März 2020 haben wir komplett auf Homeoffice umgestellt"

Sie waren früher bayerischer DGB-Vizechef. Wie weh hat Ihnen der Personalabbau getan?
Wir mussten einsparen, sonst hätten die Gesellschafter nicht zahlen dürfen. Die Mitarbeiter wussten, es ist eine Naturkatastrophe und wir müssen sehen, dass es irgendwie weiter läuft. Ich konnte mit dem Betriebsrat einen Sozialplan ausarbeiten, so dass 200 Mitarbeiter mit einer Ausnahme durch Aufhebungsverträge abgebaut werden konnten. Inzwischen kommen die ersten zurück. Als die Schulen am 13. März 2020 geschlossen wurden, haben wir ab 15. März komplett auf Homeoffice umgestellt.

Klaus Dittrich über seine persönlichen Messe-Highlights

Wie lief das?
Wir waren arbeitsfähig, es lief weiter. In dieser Zeit habe ich mich mit 23 Videobotschaften an die Mitarbeiter gewandt, um über diesen Weg die neuen Maßnahmen zu erklären.

Sie haben Messehallen fürs Impfzentrum, die Kontaktnachverfolgung und für Ukraineflüchtlinge bereitgestellt. War das kostenlos?
Nein, das wäre eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Gesellschafter. Wir waren Vermieter und Ratgeber. Die Hallen auf dem Freigelände Ost laufen Mitte Juli aus, der Bauma-Aufbau läuft.

Welches Ihnen wichtige Projekt konnten Sie nicht zu Ende bringen?
Den S-Bahn-Anschluss des Messegeländes. Wir hatten bereits einen möglichen S-Bahnhof in relativer Nähe zur Halle C3 angedacht.

Wie fühlte sich Ihr letzter Tag bei der MMG an?
Es fühlte sich gut an, ich freue mich auf die neue Freiheit ohne durchgetakteten Terminkalender. Erst mal mache ich Pause, will zur Ruhe kommen. Dann möchte ich wieder Verantwortung übernehmen, Dinge mitgestalten und Menschen helfen. Mehr verrate ich jetzt aber nicht.

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