Klage vor dem EuGH: Gautinger hat gute Chancen

Als Tobias McFadden ans Telefon geht, hat er das riesige Dokument, das ihm den Mittwoch versüßt hat, gerade auf seinem Rechner und ließt es sich durch. Er ist auf Seite 97 von 150 eines EU-Gutachtens, das seine Chancen auf einen Sieg im Prozess gegen den Musik-Riesen Sony vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mehr als nur erhöht. Ein Urteil wird erst im Sommer erwartet.
Der Hintergrund: Sony hat gegen Tobias McFadden, der in Gauting ein Geschäft für Licht- und Tontechnik betreibt, geklagt, weil über dessen frei zugängliches WLAN-Netz ein geschütztes Musik-Album heruntergeladen wurde.
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Der Musikkonzern wollte dafür 800 Euro. McFadden wollte diesen Betrag nicht zahlen – aus Prinzip. Denn er ist der Meinung, dass diese sogenannte Störerhaftung (Anm. d. Redaktion: Grundsätzlich haftet derjenige für Verstöße, dem der WLAN-Anschluss gehört), die es in keinem anderen EU-Land außer Deutschland gibt, nicht rechtens ist. Deshalb ist der Fall beim EuGH gelandet (AZ berichtete) – und McFadden könnte tatsächlich Recht bekommen.
EU-Gutachten: Für Urheberrechtsverletzungen Dritter haftet nicht der WLAN-Eigner
„Ich bin glücklich und freue mich über das Gutachten. Es kommt mir und meiner Sache natürlich entgegen“, sagt er im Gespräch mit der AZ. Er hatte zwar gehofft, dass es zu seinen Gunsten ausgeht. Aber ganz sicher sei er sich nicht gewesen. Der Anhörung vor dem EuGH sei zwar damals ganz gut gelaufen. „Aber man weiß ja nie.“
Doch seit Mittwoch weiß er es ganz genau und hat es auch schwarz auf weiß. Nach Einschätzung eines wichtigen EU-Gutachters haften Geschäfte, Bars oder Hotels mit ungesichertem WLAN-Netz nicht für Urheberrechtsverletzungen Dritter.
Nationale Gerichte dürften zwar eine Lösung des Problems verlangen, argumentierte Generalanwalt Maciej Szpunar in seiner gestern veröffentlichten Stellungnahme. Allzu weitreichende Auflagen hält er aber nicht für zulässig. Das für die Sony-Klage zuständige Landgericht in München geht davon aus, dass der Geschäftsmann die Urheberrechtsverletzung nicht selbst begangen hat. Die Richter haben ihre Kollegen beim EuGH um Hilfe bei der Auslegung von EU-Recht gebeten. Sie wollen insbesondere wissen, ob der Mann haftbar gemacht werden kann, weil er seinen Internetzugang nicht gesichert hat.
Dies verneint Gutachter Szpunar ausdrücklich. Ein Ladeninhaber, der als Nebentätigkeit ein offenes WLAN anbietet, könne in einem solchen Fall weder für Schadenersatz herangezogen werden noch für Abmahnkosten oder Gerichtskosten.