Kirta mit Schmalznudeln

München - Eine knusprige Ente oder Gans, vielleicht sogar in den Gottesdienst gehen – so viel Kirchweih-Brauchtum bekommen die meisten gerade noch zusammen. Die Tradition geht aber weit über Beten und Braten hinaus. Doch was wird nochmal genau gefeiert?
Einst war Kirchweih eines der größten Feste auf dem Land – tagelang wurde getanzt, gegessen und getrunken. Und man kam sich näher. Mittlerweile ist ein Einheitsfest daraus geworden - „Allerweltskirta“ nennen Spötter die Kirchweihfeiern des 21. Jahrhunderts. Früher wurde das Weihefest der Kirche am Namenstag des jeweiligen Patrons begangen.
Deswegen wurde auf dem Land fast immer irgendwo gerade deftig gefeiert. Der Obrigkeit missfielen die Ausschweifungen rund um das Fest – Saufgelage und Raufereien waren an der Tagesordnung. So wurde Kirchweih schon vor 150 Jahren einheitlich für ganz Bayern auf den dritten Sonntag im Oktober festgelegt. Heuer fällt es auf den 20. Oktober.
Wie ausgelassen die Landbevölkerung einstmals feierte, beschrieb der bayerische Heimatdichter Karl Stieler (1842-1885): „Auch auf dem Tanzplatz geht's immer wilder zu, je tiefer es in den Nachmittag hineingeht. Immer wilder stampft der Jägerbursch, immer wilder klingen die Geigen.“ Kirchweih war keine Sache für einen Tag. Mindestens drei Tage dauerte das Feiern, manchmal auch vier. Ein altes Sprichwort besagt: „A gscheiter Kirta dauert bis zum Irta (Dienstag) – und es kunnt se schicka, a dirnmal bis zum Migga (Mittwoch).“
Das Hauptfest war freilich schon immer am Sonntag. Nach dem Gottesdienst gibt es auch heute noch vielerorts einen Festschmaus. Gerne kommt dann eine stattliche Gans oder eine Ente in den Ofen. Zum Kaffee gibt es traditionell Schmalznudeln, dann geht es zum Tanz, während die Kinder stundenlang auf der Kirtahutschn sitzen – ein in der Tenne an langen Ketten aufgehängtes Brett.
Pfarrer, die auf Tradition achten, lassen schon am Samstagnachmittag eine rot-weiße Fahne am Kirchturm aufziehen – den „Zachäus“, wie ältere Dorfbewohner noch wissen. Die Fahne erinnert an den im Neuen Testament beschriebenen Zöllner Zachäus, der eigens auf einen Baum stieg, um Jesus zu sehen. Lange Zeit war auch der Kirchweihmontag arbeits- und schulfrei, die Geschäfte blieben zu.
Heute haben die Behörden am Land nur nachmittags geschlossen. Die meisten Geschäfte bleiben offen. Der Kirchweihtanz war früher für junge Frauen und Männer eine schöne Gelegenheit zum Anbandeln. Heimatdichter Stieler beschrieb im Jahr 1875 seine Beobachtungen: „.Gustei, jetzt tanzen wir zwoa’, ruft der schmuckste unter den Burschen und fasst des Försters Töchterlein ums Mieder.
O, wie ihre Augen glänzen und wie die rosigen Lippen lachen, wenn sie sich wirbelnd im Kreis dreht.“ Altes Kirchweih-Brauchtum wird am Sonntag und Montag im Freilichtmuseum Glentleiten und in Markus Wasmeiers Heimatmuseum am Schliersee lebendig. Dort gibt’s Hutschn, Märkte, Schmalznudeln, Gänsebraten, Musik und Tanz.