Kino Asyl: Junge Flüchtlinge organisieren eigenes Festival
München - Das Licht in dem kleinen Kino ist gedämmt. Gerade hat sich die junge Frau auf der Leinwand einen Arztkittel übergezogen, man sieht sie durch ein Mikroskop schauen, mit anderen diskutieren, am Ende lacht sie in die Kamera. Es ist ein Rohschnitt. Eunice Tunia Binti Mabuka, die Frau aus dem Film, sitzt auch im Publikum. „Ich suche nach einer Lösung für mein Land“, erklärt die 23-Jährige ihren Kurzfilm. Ihr Land ist der Kongo, der Film Teil eines neuen Projekts. „Kino Asyl“ nennt es sich. Junge Asylbewerber sollen hier ihre Heimatländer vorstellen – mithilfe eines Filmfestivals.
Die eigenen Aufnahmen von Eunice sind dabei ein Nebenprodukt. Die Filme, die vom 6. bis 9. Dezember im Gasteig, Import/Export und im Maxim gezeigt werden, sind sieben Profi-Kinoproduktionen. Die zwölf jungen Flüchtlinge, die unter anderem aus Sierra Leone, Senegal oder Syrien stammen, haben sie ausgesucht.
Mitte Juli ist das Projekt gestartet. Seitdem treffen sich die jungen Erwachsenen regelmäßig im kleinen Kinosaal des Medienzentrums München, dem Veranstalter von „Kino Asyl“. So auch an diesem Abend. Die Gruppe sitzt im Stuhlkreis, nach dem Film von Eunice wird lebendig diskutiert, auf Englisch, Deutsch und manchmal auch Französisch. Die Filme stehen zwar schon fest und sind alle besorgt – was bei Produktionen aus Afrika teilweise schwierig war. Trotzdem gibt es noch viel zu besprechen. Wie es um das Programmheft steht , oder wie die Eröffnungsrede aussehen soll.
Abid Amin wird sie halten. Der 17 Jahre alte Afghane ist seit eineinhalb Jahren in München. Wenn er Deutsch spricht, denkt man, er wäre schon doppelt, wenn nicht sogar dreimal so lange hier. Abids Lieblingsfilm ist „Wer früher stirbt, ist länger tot“. Auf dem Festival präsentiert er natürlich nicht die Rosenmüller-Komödie, sondern „Fünf Uhr am Nachmittag“, der in Kabul spielt.
Abid hat den Film zusammen mit einem anderen afghanischen Teilnehmer ausgesucht. „Das ist wie ein Kulturaustausch zwischen Deutschen und Flüchtlingen“, erklärt Abid die Idee des Festivals. Die Filme sind ein Stück Kultur, das die jungen Menschen aus ihrer Heimat mitgebracht haben. In Koffern, in die sie meist nur wenig packen konnten.
Wenn im Dezember alles gut läuft, könnte das erste „Kino Asyl“ ein Auftakt für eine ganze Reihe sein. „Unser Ziel ist es, das fest in der Münchner Festivalszene zu verankern“, sagt Thomas Kupser vom Medienzentrum München. Der 35-Jährige war es, der in diesem Sommer die Idee zum Projekt hatte, eine Finanzierung organisierte und Mitstreiter wie die Stadtbibliothek, Jugendamt und das Kulturreferat fand. Inzwischen halten er und zwei weitere Kollegen sich eher im Hintergrund: „Die Hauptamtlichen kümmern sich um den Rahmen.“ Heißt: Teilnehmer regelmäßig zusammentrommeln oder Papierkram erledigen.
Wie das Festival aussehen soll, darum kümmern sich die jungen Flüchtlinge selbst. Im kleinen Kinosaal geht es immer noch darum, wie man das Festival am besten eröffnet. Sollen alle auf die Bühne? Soll noch jemand von der Stadt ein Grußwort sagen? Und wenn ja, wer? Abid hat da eine Vorstellung: „Nicht unbedingt Bundeskanzlerin Angela Merkel. Dieter Reiter reicht schon. Er kann ja auch ein bisschen Gitarre spielen.“
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