Kinderpornos: So macht das LKA Jagd auf Pädophile

In der AZ erzählt ein Fahnder, wie er auf Jagd nach den Pädophilen geht, die im Internet nach Buben und Mädchen suchen. Und erklärt, wer die Täter sind.
Ralph Hub |
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Sexueller Missbrauch von Kindern findet oftmals innerhalb des Familien- oder Freundeskreises statt. Die Opfer leiden ein Leben lang unter den Folgen.
Uwe Zucchi/Silas Stein/dpa/AZ Sexueller Missbrauch von Kindern findet oftmals innerhalb des Familien- oder Freundeskreises statt. Die Opfer leiden ein Leben lang unter den Folgen.

München - Den ganzen Tag vor dem PC sitzen und im Internet surfen. Manuel Klughardt tut’s, doch genießen kann er die Freiheit nicht. Zu schrecklich sind die Bilder und Videos auf seinem Monitor. Manuel Klughardt (37) jagt Männer, die über das Internet Kinderpornografie verbreiten.

Der Fahnder surft nicht nur so durchs Internet. "Streife gehen im Netz" nennt er den Job. "Man macht sich keine Vorstellungen, was dort alles möglich ist", sagt der Chef der Netzwerkfahndung, so heißen die Kinderporno-Jäger beim Bayerischen Landeskriminalamt.

Selbst Babys werden missbraucht und Bilder davon getauscht

Selbst Aufnahmen von erst wenige Tage alten Babys kursieren im World Wide Web. Mädchen, Buben von Null bis 14 Jahren, die erniedrigt werden, vergewaltigt und gequält. Oft stammen die Täter aus dem direkten Umfeld der Opfer. "Manchmal sind es Verwandte, Freunde, Nachbarn", sagt Manuel Klughardt, "Menschen, denen die Kinder bedingungslos vertrauen."

Oder wie zuletzt im niedersächsischen Kreis Wesermarsch ein Stiefvater. Er hat laut Staatsanwaltschaft die vierjährige Tochter seiner Lebenspartnerin missbraucht. Die Aufnahmen, so gestand er nach der Festnahme, habe er an Bekannte weitergegeben. Diese, so der Pflichtverteidiger des Verdächtigen, hätten sie dann im Internet hochgeladen und so weiterverbreitet.

Damit Opfer schweigen, üben Täter massiven Druck aus. Sie drohen Kindern, behaupten, Mama oder Geschwistern würden schreckliche Dinge passieren. Die Täter, die Manuel Klughardt und sein 15-köpfiges Team beim LKA bisher aufgespürt haben, stammen aus allen gesellschaftlichen Schichten und allen Berufen. Sie leben sowohl in Großstädten als auch auf dem flachen Land.

Laut Studien missbrauchen zehn bis 30 Prozent der Täter selbst Kinder, die übrigen ergötzen sich an Videos und Fotos. Doch auch der Besitz von Kinderpornografie ist strafbar. "Weniger als die Hälfte – 40 bis 50 Prozent – sind pädophil, haben also eine sexuelle Präferenz für Kinder vor der Pubertät", betont Jens Wagner, der an der Charité Berlin am Institut für Sexualwissenschaft arbeitet.

Im Sommer flog Kinderporno-Plattform "Elysium" auf

Die Aufnahmen von missbrauchten Kindern kursieren auf unterschiedlichen Foren im Internet. Die Mitglieder tauschen das Material untereinander meist per E-Mail. Die Fahnder arbeiten deshalb getarnt, benützen falsche Identitäten. Trotzdem ist es schwierig, die Zirkel zu unterwandern. "Wir dürfen keine Lockangebote machen", sagt Klughardt, "das ist nach deutschem Recht verboten".

Im Darknet ist im Sommer die Kinderporno-Plattform "Elysium" aufgeflogen. Weltweit rund 87.000 Nutzernamen waren verzeichnet. Wie auf einer großen Börse tauschten sie Fotos und Videos von missbrauchten Kindern, verabredeten sich zum Missbrauch, der teils gleich wieder online gestellt wurde.

Die Aufnahmen gehen unter die Haut. Zu sehen sind schlimmste Perversionen. Für die Fahnder eine extreme psychische Belastung, vor allem weil viele selbst Kinder haben. "Es sind nicht nur die Bilder, sonder auch der Ton, der so ein Video schwer erträglich macht", sagen Fahnder.

Beim LKA arbeiten die Beamten im Team. Jeder achtet auf den Kollegen, darauf, ob er oder sie Anzeichen zeigt, dass sie dem Stress nicht mehr gewachsen ist. "Meine Leute gehen regelmäßig zu Experten des psychologischen Dienstes", betont Manuel Klughardt.


Manuel Klughardt an seinem Arbeitsplatz im LKA. Foto: rah

Die Täter sind meist auf den Aufnahmen nicht zu erkennen. Deshalb führt die Spur zu ihnen meist nur über die Opfer. Das Schicksal der missbrauchten Kinder lässt keinen Polizisten mehr los. Manuel Klughardt: "Die Kinder sind schutzlos, wo sie eigentlich den größten Schutz genießen sollten, in ihrer vertrauten Umgebung, in der Familie, im Verein."

Zunehmend melden Provider freiwillig verdächtige Fotos und Videos, denn Kinderpornografie ist inzwischen weltweit geächtet. Die Fahnder werten die Aufnahmen aus. Sie konzentrieren sich dabei auch auf Details im Hintergrund – Kleidungstücke, Einrichtungsgegenstände, selbst Fliesen an der Wand, ein Teppich am Boden oder ein Blick durch ein Fenster, Pflanzen vor dem Haus – all das kann unter Umständen entscheidende Hinweise geben.

Seit Juli gibt es bei Europol eine spezielle Fotosammlung. Darauf sind keine Kinder zu sehen, sondern lediglich die Umgebung, in der die Videos aufgenommen wurden. Jeder kann sich unter www.europol.europa.eu durch die Galerie klicken.

"Wir wollen die Kinder aus der akuten Situation retten", sagt Manuel Klughardt, "das ist unsere Hauptenergiequelle, die uns bei dieser Arbeit antreibt".


Wie man Kinder schützt

Alle Eltern sind stolz auf ihre Kinder und sie wollen ihr Glück mit dem Rest der Welt teilen. Nirgends geht das einfacher als bei Facebook & Co. Oft sind Videos und Fotos für jedermann im Netz sichtbar. "Genau hier lauert die Gefahr", warnen Fahnder. "Die Täter können sich frei bedienen. Die Fotos werden geteilt und laden dann nicht selten plötzlich auch auf Seiten einschlägiger Kinderporno-Seiten."

Eltern können das nur verhindern, in dem sie den Zugriff auf Fotos beschränken, so dass nur Freunde sie sehen können. Sie sollten sich generell überlegen, so Fahnder, ob es tatsächlich notwendig ist, der ganzen Welt die Fotos ihrer Kinder Freihaus zu präsentieren.

Eine weitere Quelle, über die die Kinderporno-Szene spielend einfach an Fotos kommt, sind Selfies. Bis vor kurzem galt es unter jungen Mädchen als angesagt und auch als Mutprobe, Fotos von ihren Brüsten im Freundeskreis via Smartphone zu verschicken. Nicht selten landeten die Fotos früher oder später im Internet. Ebenso gefährlich ist, erotische Selfies auf dem Handy zu speichern. Viele Geräte sind nur unzureichend gegen Spyware und Viren geschützt. Gerät ein Handy in falsche Hände, sind damit auch die Fotos ungeschützt.

Lesen Sie auch: Kinderporno-Szene - So ermitteln die BKA-Experten

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