Kinder werden hier gescannt
In Gilchinger Grundschule kommen Musikschüler ab Januar nur mit elektronischem Fingerabdruck herein. Eltern sind empört, die Schulministerium mahnt: „Das ist kein Hochsicherheitstrakt!“
GILCHING/MÜNCHEN Das ist in ganz Bayern einmalig: An der Arnoldus Grundschule in Gilching dürfen im neuen Jahr die Musikschüler „aus Sicherheitsgründen“ das Gebäude nur noch mit ihrem elektronischen Fingerabdruck betreten. Die Eltern sind hellauf empört, die Musikschule protestiert – und die Gemeinde installiert den neuen Fingerabdruck-Scanner.
„Ich habe ein ungutes Gefühl dabei, mein Kind an einen Ort zu schicken, den man wie einen Hochsicherheitstrakt betreten muss“, sorgt sich Steffen Oberländer. Seine achtjährige Tochter besucht in Gilching die Musikschule.
Die neue Reglung ist nicht leicht zu verstehen: In der Arnoldus Grundschule sind zusätzlich eine Mittagesbetreuung und die Musikschule mit rund 180 Schülern untergebracht. Die Grundschüler kommen morgens normal herein. Mit Schulbeginn wird die Tür verschlossen. Für die Mittagsbetreuung müssen die Kinder klingeln und werden von den Betreuern eingelassen.
Das Sicherheitsrisko sollen die Musikschüler sein. Bisher kamen sie mit einem Zahlencode in die Schule. Aber das ist der Grundschulrektorin zu unsicher, weil man den Code an Unbefugte weitergeben könne. Ihre Sorge: „Amokläufer nehmen erschreckend zu“, sagte sie der SZ. Vorige Woche erst drang ein verwirrter Man in eine Grundschule in Starnberg ein.
Es gehe nicht, dass die Musiklehrer jedem Einzelnen die Türe aufmachen, das störe den Unterricht, so die Gemeinde. Deshalb wird in Absprache mit der Gemeinde im Januar der Fingerabdruckscanner eingeführt. Am 11. Januar müssen alle Musikschüler beim Hausmeister einen Fingerabdruck machen lassen.
„Das bisherige System war vollkommen ausreichend“, meint Oberländer. Mit dem Zahlencode hätten die Eltern auch in die Schule gehen können, um mit Lehrern zu reden und ihre Kinder abzuholen.
Für die Musikschule kann das System zu einem Problem werden, berichtet der Leiter Roland Siegel: „Für viele Eltern ist der Punkt erreicht, wo die Privatsphäre der Kinder überschattet wird.“ Viele lehnen den Zwangs-Fingerabdruck ab.
„Ich kenne keinen zweiten Fall in ganz Bayern“, sagt der Datenschutzbeauftragte des Staatsinstituts für Schulqualität. Wenn der Datenschutz eingehalten wird, sei das kein Problem. Aber er meint auch: „Es gibt einfachere Möglichkeiten, zum Beispiel eine Chipkarte. Aber für ein paar Musikschüler halte ich den ganzen Aufwand für übertrieben.“
Im Schulministerium von Ludwig Spaenle (CSU) klingelten alle Alarmglocken. Erstmal müsse geprüft werden, ob der Datenschutz gewährleistet ist. Dennoch sei das System übertrieben: „Schule ist ein geschützter Ort, an dem man sich wohlfühlen soll, ein Ort der Freiheit und kein Hochsicherheitstrakt.“
Auch dem Bürgermeister ist inzwischen mulmig: Für Montag hat er eine Krisensitzung einberufen. Willi Bock
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