Kerzenziehen daheim - so geht's

München - Kerzenlichterglanz daheim macht die Adventszeit gemütlich, und noch heimeliger wird es, wenn man seine Kerzen selber herstellt. Die einfachste Variante ist freilich das Kerzengießen: Alte Kerzenreste in einer Konservendose im Wasserbad schmelzen, zum Beispiel, und mit einem neuen Docht in hübsche kleine Teetassen gießen. Wer Geduld mitbringt, kann aber auch Kerzen ziehen, wie es die Wachszieherei Fürst seit 1862 in meisterlicher Handarbeit macht.

Den Laden am Dom, den Franz Fürst (58) in fünfter Generation führt, kennt wohl jeder, der sich mal auf die Suche nach besonderen Kerzen für Hochzeiten, Taufen oder für Weihnachten gemacht hat. Die Werkstatt dazu steht in Sendling. Dort steht ein Tunk-Karussell aus den 1950er Jahren, das Fürsts Eltern Walter und Maria aufgebaut haben, nachdem die frühere Werkstatt am Dom im Krieg zerstört worden war. Daran hängen acht Ringe mit je zwölf Kerzen. Erhitzt man das Wachs in den Fässern darunter und taucht die Kerzen ein, werden sie dicker oder bekommen neue Farbe. So ähnlich, aber mit einfachen Mitteln lassen sich Kerzen daheim anfertigen.
Hier erklärt Franz Fürst, was man dafür braucht, und Schritt für Schritt, wie es geht.
Was Sie brauchen:
- einen großen Topf mit Wasser
- einen zweiten hohen und schlanken Topf für das Wachs
- eineinhalb Kilo Tauchwachs (Paraffin, als Block oder Granulat) mit oder ohne Farbe
- einen geflochtenen Runddocht aus gebeizter Baumwolle, zwei Millimeter Durchmesser, Länge je nach der Zahl der Kerzen, die Sie ziehen wollen
- Marmorbrett oder Glasplatte
- Cuttermesser und Schere
- Verzierwachs wie Wachsstreifen, Wachsplatten zum Motive Ausschneiden oder fertige Dekomotive
Schritt 1: Wachs ins Wasserbad - auf 70 Grad erwärmen ist perfekt

Zum Start geben Sie das Tauchwachs in den schlanken hohen Topf und stellen diesen in den zweiten Topf mit Wasser. Im Wasserbad erwärmen Sie das Wachs auf der Herdplatte auf mittlerer Hitze für etwa eine Stunde. So erreicht das Wachs rund 70 bis 75 Grad Celsius - das ist perfekt (wenn das Wachs heißer wird, beispielsweise 80 oder 90 Grad, dauert die Kerzenherstellung viel länger). Achtung: "Auf keinen Fall den Wachs-Topf ohne Wasserbad direkt auf die Herdplatte stellen", mahnt Franz Fürst. Denn Wachs wird bis 150 Grad heiß und fängt leicht zu brennen an.
Schritt 2: Docht eintauchen - halber Millimeter pro Tauchvorgang

Baumwolldochte haben aufgrund ihrer Flechtung ein "oben" (das aus der Kerze herausschaut) und ein "unten". Landet der Docht falsch herum in der Kerze, zerbrennt er nicht, sondern wird in der Flamme immer länger. Dadurch wird die Flamme immer größer und die Kerze fängt an, unschön zu rußen. Im Fachgeschäft wird ein Experte wie Franz Fürst Ihnen beim Kauf deshalb ans obere Ende als Hinweis einen Knoten drehen.
Schneiden Sie den Docht nun also auf die gewünschte Länge ab (passend zur Wachstopf-Höhe) und tauchen Sie ihn - mit dem Knoten am oberen Ende - langsam und gleichmäßig für wenige Sekunden ins warme, flüssige Wachs. Lassen Sie die neue Wachsschicht jeweils kurz abkühlen und tauchen Sie erneut ein. Die Kerze wächst etwa einen halben Millimeter pro Tauchvorgang. Für einen Zentimeter Durchmesser braucht es also rund 20 Tauchvorgänge. Für eine sieben Zentimeter dicke Kerze bräuchten Sie etwa 140 Tauchvorgänge.
Schritt 3: Glattrollen - wie ein Teigwürschtl auf dem Brett

Damit die Kerze schön glatt wird, rollen Sie sie jeweils nach ein paar Tauchvorgängen, solange sie noch warm ist, auf einer Glasplatte oder einem glatten Marmorbrett vorsichtig mit den Fingern glatt. "Das ist ganz ähnlich, wie wenn man ein Teigwürschtl rollen würde", sagt Franz Fürst.
Schritt 4: Tropfen Abschneiden - kappen für den guten Stand

Durch die Tauchvorgänge bildet sich unten am Ende des Dochts immer wieder ein Tropfen. Damit die Kerze am Ende einen guten, geraden Stand hat, den Tropfen immer wieder mit einem Cuttermesser abschneiden.
Schritt 5: Docht Kappen - ein Zentimeter Docht reicht

Tauchen Sie Ihre Kerze so lange immer wieder ins warme, flüssige Wachs, bis sie die gewünschte Dicke erreicht hat. Am Ende schneiden Sie den Docht unter dem Knoten auf etwa einem Zentimeter Länge ab, begradigen noch einmal den Kerzenboden mit dem Cuttermesser - fertig!
Schritt 6: Kerze dekorieren - Vom Streifen bis zum Mini-Rentier

Natürlich können Sie Ihre Kerze nun auch noch dekorieren. Es gibt beispielsweise Verzierwachs mit verschiedenen Motiven in diversen Farben zu kaufen - von weihnachtlichen Mini-Rentieren oder Schneeflocken über Buchstaben und Ornamente bis zu Blumenmustern und Streifen. Verzierwachs ist, bei Raumtemperatur gelagert, sehr weich und klebrig, es reicht, die Motive einfach mit den Fingerspitzen auf die Kerze zu drücken. Aus dünnen Wachsplatten kann man freilich auch selber kleine Motive ausstanzen oder mit Schere oder Messer zuschneiden.