Keine Sicherungsverwahrung: Sex-Täter ist therapierbar

MÜNCHEN - Vier Jahre sitzt Robert I. (35) wegen sexuellen Missbrauchs an Kindern in Haft – danach wird er rückfällig. Das Landgericht verhängt aber keine Sicherungsverwahrung. Er sei „therapierbar“.
Einschlägig vorbestrafte Kinderschänder kommen normalerweise in Sicherungsverwahrung. Dann sind sie weggesperrt. Für immer. Beim Wiederholungstäter Robert I. (35) läuft es anders. Kaum aus der Haft entlassen, verging er sich erneut in Puchheim an drei Buben im Alter zwischen 13 und 14 Jahren (AZ berichtete). Nach vier Prozesstagen hat ihn das Landgericht München II zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt und ordnete die Unterbringung in ein psychiatrisches Krankenhaus an. In die Zelle muss Robert I deshalb nicht. Der Bäcker-Lehrling geht gleich zur Therapie.
Die Vorsitzende Richterin Petra Beckers begründete: „Die Handlung ist bei dem Angeklagten auf eine psychische Störung zurückzuführen und therapierbar.“ Damit bezog sie sich auf das Gutachten von Thomas Schwarz, Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Schwarz stellte fest, dass der Angeklagte keinen „Hang“ zu solchen Sexualstraftaten habe. Der promovierte Mediziner meint, dass Robert I. in vier bis acht Jahren geheilt sei.
Dabei saß Robert I. bereits vier Jahre und drei Monate in Haft, weil er einen 13-Jährigen sexuell missbraucht hatte. Er lockte ihn mit Versprechungen in seine Wohnung: Sex gegen eine Stereo-Anlage. Als der Bub leer ausging, vertraute er sich seiner älteren Schwester an. Am 15. Februar 2009 wurde Robert I. entlassen und unter Führungsaufsicht gestellt. Er hatte auch eine Sexual-Therapie gemacht – umsonst. Nur drei Monate später wurde er wieder straffällig. Trotz Kontakt-Verbot zu Kindern sprach er am 9. Mai im Skaterpark in Puchheim einen 13-Jährigen an. Zwei Tage später lud er zwei 13-Jährige am „Roten Platz“ in Puchheim auf ein paar Bier ein und forderte sie später zum „Wettwichsen“ auf. Am 16. Mai kuschelte er in einem Waldstück am „Roten Platz“ auf einer Picknickdecke mit einem 14-Jährigen.
Auch Staatsanwaltschaft hält Sicherungsverwahrung nicht für nötig
Staatsanwaltschaft und Verteidiger Joachim Schwarzenau plädierten ebenfalls: keine Sicherungsverwahrung. Die hätte bedeutet: Robert I. bleibt nach Verbüßung seiner Strafe in Haft. Jedes Jahr prüfen Gutachter, ob von ihm immer noch eine Gefahr ausgeht. Richterin Beckers meint: „Es bedarf medizinisch weiterer Anstrengungen. Der Angeklagte ist aber bereit, an medizinischen Maßnahmen teilzunehmen.“
Torsten Huber