"Keine Registrierung mehr" - Leipzig soll München entlasten

20 000 waren es am Wochenende, Tausende waren es am Montag. München blieb auch zu Wochenbeginn erste Anlaufstelle für viele Migranten, die vor allem aus Ungarn über Österreich hier ankommen. Doch Entlastung ist in Sicht: Leipzig soll ein weiteres Drehkreuz werden.
München - Nach einer Flüchtlingsaufnahme von bisher nicht gekanntem Ausmaß am Wochenende in München sind auch am Montag wieder Tausende neue Migranten angekommen. Allein bis zum Nachmittag (15.00 Uhr) brachten mehrere Sonderzüge aus Österreich knapp 2000 Menschen in die bayerische Landeshauptstadt, wie die Bundespolizei berichtete. Die Regierung von Oberbayern rechnete den Tag über mit bis zu 10 000 Neuankömmlingen. Am Wochenende waren 20 000 Migranten angekommen.
Derweil stößt München an seine Kapazitätsgrenze bei der Aufnahme der Migranten. "Wir sind hier sehr am Anschlag", erläuterte der Präsident der Regierung von Oberbayern, Christoph Hillenbrand. An die behördliche Registrierung der Migranten ist derzeit nicht zu denken.
Regierungspräsident Christoph Hillenbrand: Ein "uneitler Arbeiter" lenkt die Flüchtlingsaufnahme
Leipzig soll daher ein weiteres Drehkreuz für die erste Versorgung ankommender Flüchtlinge in Deutschland werden. Die Gespräche dazu seien in der entscheidenden Phase, so Hillenbrand. Zwei weitere Drehkreuze sollen in Westdeutschland und Norddeutschland entstehen, so dass es am Ende neben München und Leipzig vier zentrale Anlaufstellen geben werde.
Auf dem Münchner Messegelände stehen seit dem Wochenende 2200 Plätze für Migranten zur Verfügung. 600 weitere seien möglich, erläuterte der Regierungspräsident. Die Messegesellschaft stellt dafür drei Hallen zur Verfügung - zwei für die eigentliche Unterbringung und eine für die Versorgung der Flüchtlinge. Die Asylbewerber sollen dort nur eine Nacht bleiben, viele reisten aber schon nach wenigen Stunden weiter in andere Städte.
Die Bezirksregierung dankte den vielen ehrenamtlichen Helfern, die die Flüchtlinge in München willkommen heißen. "Die Ehrenamtlichen sind der Kitt für das Funktionieren des Gesamtablaufs", erläuterte Hillenbrand. Ihre Hilfe sei auch weiter dringend erforderlich. Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) dankte den Einsatzkräften und Helfern: "Wir erleben einen großartigen Hilfseinsatz, der Ausweis ist für unsere hervorragend funktionierende Verwaltung und unsere intakte Bürgergesellschaft."
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Nach der Unterbringung Tausender Flüchtlinge in der Messe München machten sich zahlreiche Neuankömmlinge eigenständig auf die Weiterreise. Eine Registrierung der Menschen sei derzeit nicht leistbar, sagte Hillenbrand. Ein Sprecher des Innenministeriums bestätigte, dass die Flüchtlinge erst nach und nach registriert werden könnten. Ein Sicherheitsproblem entstehe dadurch nicht. Migranten, die auf eigene Faust in Deutschland unterwegs seien, ließen sich an einer anderen Unterkunft erfassen.
Derweil ging die politische Diskussion über die Aufnahme der Flüchtlinge unvermindert weiter. Die Spitzen von Union und SPD hatten sich in der Nacht zum Montag auf ein beispielloses Maßnahmenpaket zur Asyl- und Flüchtlingspolitik verständigt. Der Bund will dafür 2016 sechs Milliarden Euro mehr ausgeben. Die CSU möchte allerdings finanzielle Anreize für Flüchtlinge, nach Deutschland zu kommen, möglichst gering halten. "Wir wissen, dass der im Vergleich mit anderen Ländern relativ hohe Betrag an Geldleistung ein Anreiz ist, dass Flüchtlinge nach Deutschland wollen", sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt.
Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) würdigte die große Hilfsbereitschaft für die in Deutschland ankommenden Flüchtlinge, betonte aber auch, dass es so nicht weitergehen könne. "Hilfe ja, aber wir können nicht alle Probleme der Welt als Deutschland und Bayern lösen, das wäre dann auch zu viel", sagte Söder beim politischen Frühschoppen auf dem Gillamoos-Volksfest im niederbayerischen Abensberg.
Dagegen kritisierte die SPD die Flüchtlingspolitik der CSU scharf. "Auch die CSU spricht von Asylmissbrauch", sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende Ralf Stegner ebenfalls bei dem Volksfest in Abensberg. Es dürften jedoch keine Argumente gesucht werden, damit Flüchtlinge zu Menschen zweiter Klasse werden. Eine Politik gegen die Menschen werde es mit der SPD nicht geben.
Der Integrationsbeauftragte der bayerischen Staatsregierung, Martin Neumeyer (CSU), warf der Europäischen Union Untätigkeit in der derzeitigen Flüchtlingskrise vor. "Palaver, Palaver, Palaver, Palaver" - aber es passiere nichts", so Neumeyer in Abensberg.
Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) forderte zusätzliches Geld für den Deutschunterricht von Flüchtlingen. Der Bundesagentur für Arbeit solle ermöglicht werden, aus ihren Beiträgen Sprachkurse zu finanzieren, sagte vbw-Präsident Alfred Gaffal.