"Keine Genugtuung": Veranstalter über Rammstein-Absage

Mit einem offenen Brief hatte der Verband der Münchner Konzertveranstalter (VDMK) in der vergangenen Woche auf ein Missverhältnis hingewiesen: Die Grazer Leutgeb Entertainment bekäme von Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) Unterstützung für Großkonzerte auf der Messe und der Theresienwiese, während die hiesigen Konzertveranstalter dort nicht hindürften.
Nun hat Klaus Leutgeb selbst nach einem ersten Vorgespräch mit Sicherheitskräften und KVR von seinem Plan, ein Rammstein-Konzert zu Silvester auf der Theresienwiese zu veranstalten, Abstand genommen. Herrscht nun Genugtuung beim VDMK?
"Nein", sagt Patrick Oginski, der im Vorstand des Verbandes sitzt und Geschäftsführer bei Südpolmusic ist. "Wir haben grundsätzlich nichts gegen Herrn Leutgeb, uns ging es allein um die Ungleichbehandlung. Und darum, dass mit Tollwood über die mögliche Beeinträchtigung der Silvesterparty überhaupt nicht gesprochen wurde."
Rammstein-Konzert an Silvester: "Extrem schwierig, aber nicht unmöglich"
Er habe sich als Konzertveranstalter natürlich auch die Frage gestellt, wie Leutgeb das an Silvester mit 145.000 Zuschauern überhaupt hinbekommen wolle. "Ich denke, dass so etwas extrem schwierig geworden wäre, aber nicht unmöglich."
Oginski sieht die überraschende Absage aber auch kritisch. "Herr Baumgärtner hat immer argumentiert, die Münchner Konzertveranstalter seien nie mit einem fertigen Konzept an ihn herangetreten. Aber Herr Leutgeb hatte ja offensichtlich auch keines für das Rammstein-Konzert. Wenn es eines gegeben hätte, dann hätte er es beim KVR eingereicht."
Grundsätzlich aber glaubt Oginski, dass über die Theresienwiese als möglicher Ort für Großkonzerte weiter gesprochen werden sollte. Zwar gibt es das Anliegen der Stadt, möglichst alle Großkonzerte im Olympiastadion stattfinden zu lassen, aber dort droht die nächste längere Renovierungspause.
Kritik nach Gabalier-Konzert
Leutgeb Entertainment hat mit dem Gabalier-Konzert vor 83.000 Zuschauern bewiesen, dass das Messegelände eine Option ist. Polizei und Feuerwehr hatten danach viel zu kritisieren, Oginski hält das für wenig überraschend. "Es hat an diesem Ort noch nie zuvor ein Großkonzert gegeben. Und dass beim ersten Mal nicht alles perfekt läuft, ist verständlich." Zumal es in der Branche ein riesiges Problem gibt, das nicht nur Leutgeb, sondern alle Konzertveranstalter betrifft: der Mangel an Ordnern und Securitykräften und die Explosion der Kosten. Die Durchführung eines Konzerts sei um die Hälfte teurer geworden als in der Vor-Coronazeit, sagt Oginski. Dabei hätten die Ticketpreise schon häufig eine Schmerzgrenze erreicht.
Einen Imageschaden für die Stadt als Ort für Großkonzerte erkennt Oginski nicht. "Natürlich wäre Rammstein an Silvester ein besonderer Hingucker gewesen, aber das werden die vier Stadionshows im Olympiastadion auch."
München stehe im nationalen Vergleich von der Kaufkraft her sehr gut da, das größte Manko sieht Oginski im Fehlen von mittelgroßen Geländen für Konzerte für 15.000 bis 20.000 Fans. Zwar sei der Königsplatz als Ort ideal, aber "da dürfen nur drei bis vier Konzerte im Jahr stattfinden, das war es dann schon".
Auch ohne Rammstein steht die Leutgeb Entertainment nun vor ihrer größten Bewährungsprobe: Am Samstag werden 130.000 Fans bei Helene Fischer auf dem Messegelände erwartet – und der deutsche Wetterdienst warnt vor möglichem Gewitter.
Damit es "unser Tag, der perfekte Tag" wird, den Helene Fischer so euphorisch besingt, planen und besprechen die Verantwortlichen bereits im Vorfeld verschiedene Szenarien. "Schon vor Beginn gibt es eine enge Abstimmung", sagt KVR-Sprecher Tobias Kapfelsberger zur AZ.
Gemeinsam mit dem Kreisverwaltungsreferat, der Polizei sowie der Feuerwehr entscheidet ein Leiter der Veranstalter über mögliche Vorgehen und Maßnahmen. Das aktuelle Eventgeschehen werde stets beobachtet, so der KVR-Sprecher. Damit richtig reagiert werden kann, gibt es eine regelmäßige Lagebesprechung mit den vier Parteien. Diese Runde soll am Samstag alle 30 bis 60 Minuten tagen.