Keine Berührungsängste in Richtung Blues und Rock

Stolze 75 Jahre Klaus Doldinger und 40 Jahre Passport – mehr Jubiläum geht im deutschen Jazz ja kaum. Wird das aber auf der Bühne nicht zu weihevoll? Keineswegs. Der Saxophonist und seine Band luden ins große Tollwood-Zelt, das für Jazzrock eigentlich zu groß ist und deshalb auch nicht voll war. Doch auf der Bühne war alles vom Feinsten.
Zunächst versammelte Doldinger für eine spannende Stunde die erfolgreichste Passport-Besetzung der frühen Jahre um sich: Christian Schulze (Keyboards), Curt Cress (Schlagzeug), Wolfgang Schmid (Bass) – eine Soupergroup. Ihr Auftritt war eine Demonstration der überragenden Rolle von Passport für den Jazzrock: Unkonventionell, keine Berührungsängste in Richtung Blues und Rock.
Der Meister am Saxophon leitete wie ein Conferencier durch den Abend, erzählte vom ersten Jazzhören im München der Nachkriegszeit. Er erinnerte an langjährigen Weggefährten wie Olaf Kübler und Lothar Meid, lobte das unermüdliche Engagement von Unterfahrt und Bayerischem Hof um die Münchner Szene.
Leider erinnert Klaus Doldinger als Moderator immer etwas an Dieter Thomas Heck. Da kommt nicht nur ein „Das habt ihr gut gemacht, Jungs", ein bisschen altväterlich rüber.
Nach der Pause dann die neuen Passport mit sieben Mann auf der Bühne. Die Befürchtung, nun werde der Sound mit diversen Schlagwerken zugestellt, bestätigte sich nicht: Vor einer vibrierenden Wand aus Percussion tobten sich die Musiker aus - allen voran Peter O'Mara mit seinem herrlich eigenwilligen Gitarrenspiel. Das aus dem Publikum geforderte „Ataraxia" spielte man nicht, dafür aber „Das Boot”, erst jazzig, dann fast hardrockend. Am Ende vereinten sich die Generationen und ließen Weltmusik zum Tanzknaller evolutionieren – ein würdiges Geburtstagsfest.