Kein Rekord-Besuch, aber Rekorddurst trotz Terror-Angst
MÜNCHEN - Von wegen Wirtschaftskrise: Die Besucher des Oktoberfests haben heuer pro Kopf so viele Maßen wie noch konsumiert. Auch Ochsenfleisch ist begehrt. Dafür ging der Absatz beim Hendl zurück
Am Ende gab es sie doch noch: die Rekord-Wiesn. Die Münchner hatten sich weder von Terrorvideos, Schweinegrippe noch Wirtschaftskrise einschüchtern lassen. 5,7 Millionen Menschen strömten laut Wiesn-Chefin Gabriele Weishäupl auf das Oktoberfest. Und sie tranken pro Kopf so viel Bier wie noch nie: Bei 6,5 Millionen ausgeschenkten Maßen trank jeder Gast im Schnitt 1,14 Liter. Das bricht den Rekord von 2007 mit 1,08 Litern pro Person.
Das anhaltend gute Wetter könnte für den Durst verantwortlich sein. „Man muss schon einen alten Wiesnwirt befragen, um zu hören, dass es das letzte Mal in den 70ern so lange schön war“, sagte OB Christian Ude. Auch der Umsatz alkoholfreier Getränke stieg um zehn Prozent.
Verlierer der diesjährigen Saison: das Wiesnhendl. Drei Prozent weniger aßen die Besucher. Dafür wurden 111 Ochsen verputzt – im vergangenen Jahr waren es nur 104.
Besonders am letzten Wochenende legte das Fest „einen fulminanten Schlussspurt“ hin, wie Ude sagte. „Nicht die geringste Zurückhaltung“ sei zu spüren gewesen. Dennoch wurde im Vergleich zum Vorjahr weniger Geld für Speisen, Souvenirs und Fahrgeschäfte ausgegeben. Mit einem Umsatz von 800 Millionen Euro bleibe die Wiesn aber „ein ganz eigenes Konjunkturpaket“ für die Stadt München, sagte Wiesn-Referent Dieter Reiter.
Deutlich mehr Patienten hatte das BRK zu versorgen: 8608 Menschen (2008: 6563) musste wegen Blasen, Schnittwunden, aber auch wegen Alkoholvergiftung behandelt werden. 788 Menschen kamen in Münchens Kliniken, darunter auch 25 jugendliche Bierleichen.
Sonst gab sich die Wiesn in diesem Jahr trotz verstärkten Polizei-Aufgebots gemütlich. „Die Sicherheitsvorkehrungen haben zum Glück nicht das Bild der Wiesn, aber das Umfeld verändert“, sagte Ude. Die Vorsichtsmaßnahmen seien akzeptiert worden, vor allem wegen des „freundlichen Einsatzes der Beamten“. Die Straftaten seien „unauffällig“ gewesen, sagte Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer. „Ich glaube, dass wir die Herausforderung des Sicherheitskonzepts bestanden haben.“
Die Kontrollen machten sich noch auf eine andere Art bemerkbar: Der Krug-Klau ging zurück. 145000 Krüge kassierten die Ordner ein – 5500 weniger als im Vorjahr. Souvenirjäger – aber legale – sind die Australier: 40 von 50 Maßkrug-Packerl sandte die Wiesnpost auf die andere Seite der Erde. Nur eine Briefsendung ging nach Alaska.
Anne Kathrin Koophamel