Kein queerer Straßenfasching in München: "Einfach zu riskant"

Nach der Absage der kultigen Faschingssause in der Reichenbachstraße gibt es eine neue Planung: Was Deutsche-Eiche-Wirt Dietmar Holzapfel jetzt als Alternative vorhat.
von  Irene Kleber
Faschingsdienstag 2024 haben noch Hunderte beim legendären queeren Straßenfasching vor der Deutschen Eiche in der Reichenbachstraße gefeiert. Ein Höhepunkt: der Auftritt von Eiche-Wirt Dietmar Holzapfel, der als "Schönheitskönigin" im Dirndl mit Krönchen vor der narrischen Menge singt.
Faschingsdienstag 2024 haben noch Hunderte beim legendären queeren Straßenfasching vor der Deutschen Eiche in der Reichenbachstraße gefeiert. Ein Höhepunkt: der Auftritt von Eiche-Wirt Dietmar Holzapfel, der als "Schönheitskönigin" im Dirndl mit Krönchen vor der narrischen Menge singt. © Deutsche Eiche

München - Keine lustig singende "Schönheitskönigin" mit Dirndl, Krone und Schärpe, keine queeren Faschingsnarren, die zu Hunderten ausgelassen vor der Deutschen Eiche in der Reichenbachstraße feiern.

Dass er sein Kult-Straßenfest für Faschingsdienstag nach dem Anschlag in der Seidlstraße hat absagen müssen, bekümmert und frustriert Eiche-Wirt Dietmar Holzapfel sehr: "Schlimm, dass der IS es geschafft hat, unsere Münchner Feierkultur kaputt zu machen. Das dürfen wir uns langfristig nicht gefallen lassen."

Der Deutsche-Eiche-Wirt Dietmar Holzapfel - hier auf der Dachterrasse seines Hotels mit Wirtshaus in der Münchner Reichenbachstraße.
Der Deutsche-Eiche-Wirt Dietmar Holzapfel - hier auf der Dachterrasse seines Hotels mit Wirtshaus in der Münchner Reichenbachstraße. © dpa

Kein queerer Fasching in München: Sorge vor Messer-Attacke auf die Feiernden 

Der Hauptgrund für seine Party-Absage für diesen Faschingsdienstag? "Es ist einfach zu riskant, dass es nach der Absage des Viktualienmarktfaschings bei uns in der engen Straße zu voll wird", sagt Holzapfel zur AZ. "Wie sollen wir kontrollieren, dass nicht zum Beispiel ein Schwulenhasser mit einem Messer auf Leute losgeht?"

"Vermutlich Tausende" Faschingsnarren auf dem Fest

Üblicherweise feierten während der letzten Straßenfaschingsfeste rund 800 Menschen zeitgleich auf einem etwa 50 Meter langen Straßenstück vor Holzapfels Wirtshaus mit schwulem Hotel. Rechne man das Kommen und Gehen über den Tag mit, seien es "vermutlich Tausende" gewesen, schätzt er.

"Und heuer hätten es noch viel, viel Menschen mehr sein können, weil in der Innenstadt ja sonst nichts stattfindet", sagt der Wirt.

Die Sperren sichern: "Eine Riesenverantwortung"

Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) hatte deshalb die komplette Straße zwischen Gärtner- und Reichenbachplatz mit mobilen Sperrelementen sichern wollen. "Eine wichtige und sinnvolle Maßnahme", sagt Holzapfel. Die Sperren, die rollbaren Gitter ähneln, hätten aber Wachleute der Deutschen Eiche sichern (und notfalls etwa für Rettungswagen öffnen) müssen.

Die Eiche wäre auch verantwortlich dafür gewesen, dass sich nicht zu viele feiernde Menschen auf der Fläche ballen. "Das ist eine Riesenverantwortung, und es hätte uns als Veranstalter obendrein 3000 Euro mehr für das zusätzliche Personal gekostet", rechnet Holzapfel vor, "das ist schon eine Riesensumme."

Rocklegende und Queen-Sänger Freddie Mercury hat seit September 2024 ein Mosaik-Denkmal an der Fassade des Hotels Deutsche Eiche in München. Es ist bei einem Fest mit viel Politik und Promis enthüllt worden. Ein paar Meter daneben soll heuer am 31. Mai ein neues Denkmal enthüllt werden: für Rainer Werner Fassbinder. Der Regisseur hatte in der Eiche ab 1974 sein "zweites Wohnzimmer".
Rocklegende und Queen-Sänger Freddie Mercury hat seit September 2024 ein Mosaik-Denkmal an der Fassade des Hotels Deutsche Eiche in München. Es ist bei einem Fest mit viel Politik und Promis enthüllt worden. Ein paar Meter daneben soll heuer am 31. Mai ein neues Denkmal enthüllt werden: für Rainer Werner Fassbinder. Der Regisseur hatte in der Eiche ab 1974 sein "zweites Wohnzimmer". © dpa

Auch wolle er den Geschäftsleuten in der Reichenbachstraße nicht zumuten, dass wegen der Absperrungen niemand mehr zum Einkaufen in die Läden kommt. "Am Ende hätte uns vielleicht noch jemand dafür verklagen können, dass die Tram wegen der Menschenmengen drumherum im Stau steht", sagt Holzapfel.

Nächste Party steigt im Mai, für ein neues Denkmal

Das Feiern komplett einstellen will der Wirt aber nicht, er plant jetzt stattdessen ein Fest für den 31. Mai. Da will er an der Fassade des Wirtshauses ein Denkmal für den schwulen Regisseur Rainer Werner Fassbinder (1945-1982) enthüllen – ab 1974 ist die Deutsche Eiche nämlich dessen "zweites Wohnzimmer" gewesen. Das neue Kunstwerk hängt dann nur ein paar Meter entfernt vom Mosaik-Denkmal für Rocklegende Freddie Mercury. Das ist erst im vergangenen Herbst mit einer launigen Party in und vor der Eiche eingeweiht worden.

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