Kein queerer Straßenfasching in München: "Einfach zu riskant"

München - Keine lustig singende "Schönheitskönigin" mit Dirndl, Krone und Schärpe, keine queeren Faschingsnarren, die zu Hunderten ausgelassen vor der Deutschen Eiche in der Reichenbachstraße feiern.
Dass er sein Kult-Straßenfest für Faschingsdienstag nach dem Anschlag in der Seidlstraße hat absagen müssen, bekümmert und frustriert Eiche-Wirt Dietmar Holzapfel sehr: "Schlimm, dass der IS es geschafft hat, unsere Münchner Feierkultur kaputt zu machen. Das dürfen wir uns langfristig nicht gefallen lassen."

Kein queerer Fasching in München: Sorge vor Messer-Attacke auf die Feiernden
Der Hauptgrund für seine Party-Absage für diesen Faschingsdienstag? "Es ist einfach zu riskant, dass es nach der Absage des Viktualienmarktfaschings bei uns in der engen Straße zu voll wird", sagt Holzapfel zur AZ. "Wie sollen wir kontrollieren, dass nicht zum Beispiel ein Schwulenhasser mit einem Messer auf Leute losgeht?"
"Vermutlich Tausende" Faschingsnarren auf dem Fest
Üblicherweise feierten während der letzten Straßenfaschingsfeste rund 800 Menschen zeitgleich auf einem etwa 50 Meter langen Straßenstück vor Holzapfels Wirtshaus mit schwulem Hotel. Rechne man das Kommen und Gehen über den Tag mit, seien es "vermutlich Tausende" gewesen, schätzt er.
"Und heuer hätten es noch viel, viel Menschen mehr sein können, weil in der Innenstadt ja sonst nichts stattfindet", sagt der Wirt.
Die Sperren sichern: "Eine Riesenverantwortung"
Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) hatte deshalb die komplette Straße zwischen Gärtner- und Reichenbachplatz mit mobilen Sperrelementen sichern wollen. "Eine wichtige und sinnvolle Maßnahme", sagt Holzapfel. Die Sperren, die rollbaren Gitter ähneln, hätten aber Wachleute der Deutschen Eiche sichern (und notfalls etwa für Rettungswagen öffnen) müssen.
Die Eiche wäre auch verantwortlich dafür gewesen, dass sich nicht zu viele feiernde Menschen auf der Fläche ballen. "Das ist eine Riesenverantwortung, und es hätte uns als Veranstalter obendrein 3000 Euro mehr für das zusätzliche Personal gekostet", rechnet Holzapfel vor, "das ist schon eine Riesensumme."

Auch wolle er den Geschäftsleuten in der Reichenbachstraße nicht zumuten, dass wegen der Absperrungen niemand mehr zum Einkaufen in die Läden kommt. "Am Ende hätte uns vielleicht noch jemand dafür verklagen können, dass die Tram wegen der Menschenmengen drumherum im Stau steht", sagt Holzapfel.
Nächste Party steigt im Mai, für ein neues Denkmal
Das Feiern komplett einstellen will der Wirt aber nicht, er plant jetzt stattdessen ein Fest für den 31. Mai. Da will er an der Fassade des Wirtshauses ein Denkmal für den schwulen Regisseur Rainer Werner Fassbinder (1945-1982) enthüllen – ab 1974 ist die Deutsche Eiche nämlich dessen "zweites Wohnzimmer" gewesen. Das neue Kunstwerk hängt dann nur ein paar Meter entfernt vom Mosaik-Denkmal für Rocklegende Freddie Mercury. Das ist erst im vergangenen Herbst mit einer launigen Party in und vor der Eiche eingeweiht worden.