Kein Platz zum Wohnen
Die Bilanz ist ein Desaster: Nur elf Behausungen für Wohnsitzlose hat die Stadt 2010 errichtet
– und im vergangenen Jahr war es gar keine. Die CSU ätzt: „Rot-Grün hat ein Umsetzungsproblem”
MÜNCHEN Die Notquartiere sind fast voll. Die Zahl der Menschen, die keine eigene Bleibe haben, steigt. Und doch ist es der Stadt in den vergangenen beiden Jahren nicht gelungen, dringend benötigten neuen Wohnraum für sie zu schaffen. Das musste Sozialreferentin Brigitte Meier (SPD) jetzt auf eine CSU-Anfrage hin einräumen.
Nur elf Wohnungen sind 2010 im Rahmen des kommunalen Wohnungsbauprogramms für „Benachteiligte am Wohnungsmarkt” fertig gestellt worden. Und im vorigen Jahr waren es sage und schreibe: Null.
Dabei hat sich die Stadt eigentlich zum Ziel gesetzt, 150 Wohneinheiten pro Jahr zu schaffen. In den Jahren davor war die Bilanz besser: Seit 2005 waren 550 Wohnungen gebaut worden.
Warum hat die Stadt jetzt seit zwei Jahren so gut wie nichts vorzuweisen? „Die Verfügbarkeit an städtischen Flächen geht zurück”, erklärt Brigitte Meier. Die Folge: Die einzelnen „Stadtministerien” konkurrieren um den knappen Platz. Ein plastisches Beispiel: Wo Wohnungen für Benachteiligte entstehen, könnte stattdessen ja auch eine Kinderkrippe hingebaut werden. Ein unguter Wettstreit. Gebraucht wird schließlich beides.
Wegen der Engpässe würden die Zielzahlen auch in den kommenden Jahren nicht erreicht, kündigt die Sozialreferentin bereits an. Als weitere Gründe dafür führt sie rechtliche Erschwernisse bei der Ausschreibung an – und langwierige Abstimmungs- und aufwendige Planungsprozesse.
Wenn dann noch, wie zuletzt geschehen, Nachbarklagen oder die Insolvenz eines Bauträgers hinzukommen, ist das Ergebnis offenbar so miserabel wie in den vergangenen beiden Jahren. Eine bereits gegründete Taskforce soll das Ganze jetzt beschleunigen.
Das wäre dringend nötig: Im vorigen Monat waren 2438 Menschen in städtischen Notquartieren, Pensionen und so genannten Clearinghäusern untergebracht. Damit stieg ihre Zahl innerhalb nur eines Jahres um rund 20 Prozent.
Für CSU-Fraktionschef Josef Schmid zeigen die Angaben aus dem Sozialreferat: „Rot-Grün hat ein massives Umsetzungsproblem im Bereich der Wohnungen.” In Konfliktfällen fehle eine klare Entscheidung zugunsten von mehr Wohnungen. Er lästert: „Für mich ist klar, dass man nicht beherzt an die Sache rangeht und durchentscheidet.” Außerdem, meint Schmid, sei es auch die Aufgabe von OB Ude, den Prozess zu optimieren.
Dass die Stadt ihre selbst gesteckten Ziele verpasst, ist nicht nur bei den Wohnungen für „Benachteiligte” – also für die Menschen in den Notquartieren – ein Faktum. Beim gesamten öffentlich geförderten Mietwohnungsbau hinkt sie ihren eigenen Vorstellungen hinterher. Jahr für Jahr.
Die Anwärter-Listen für Sozialwohnungen sind lang: Rund 11 000 Vormerkungen gibt es, 5000 Fälle sind als besonders dringlich eingestuft.
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