Kein Olympia: Freude bei Siegern, Frust bei Verlierern
München – Das Münchner Olympia-Projekt am Sonntag ergab gleich das erste Ergebnis in Garmisch-Partenkirchen einen Erfolg für die Gegner des sportlichen Großereignisses. 51,56 Prozent stimmten nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis mit Nein, gerade 48,44 Prozent mit Ja. In München sowie den Landkreisen Traunstein und Berchtesgaden wurde noch ausgezählt, aber auch dort zeichneten sich teils deutliche Abfuhren für die Befürworter des Milliarden-Euro-Spektakels ab.
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„Das Votum ist kein Zeichen gegen den Sport, aber gegen die Profitgier des IOC. Ich glaube, in ganz Deutschland sind Olympia-Bewerbungen mit dem heutigen Tag vom Tisch. Zuerst muss sich das IOC ändern. Nicht die Städte müssen sich dem IOC anpassen, sondern umgekehrt“, kommentierte Ludwig Hartmann, der Fraktionsvorsitzende der Grünen im bayerischen Landtag und einer der Wortführer des Bündnisses „NOlympia“.
Politik und Sport hatten sich im Vorfeld freiwillig verpflichtet, das Votum der Bürger als entscheidend für eine Bewerbung beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) zu bewerten. Nur bei einem einmütigen Ja zu Olympia an allen vier geplanten Wettkampfregionen sollte diese bei der Ringe-Organisation eingereicht werden. Insgesamt waren rund 1,3 Millionen Menschen in Oberbayern stimmberechtigt, über eine Million davon allein in München. In Garmisch-Partenkirchen waren es mit nur gut 20 000 Menschen die wenigsten.
Am Fuße der Zugspitze war der einzige Bürgerentscheid bei der ersten gescheiterten Münchner Bewerbung für die Winterspiele 2018 noch positiv ausgefallen. Viele dachten, dass durch die Verlagerung der Biathlon- und Langlaufwettbewerbe im neuen Olympia-Konzept in den Chiemgau nach Ruhpolding die Bürger diesmal sogar eher zu einem Ja verleiten würde. „Wir haben ein ganz anderes Ergebnis erwartet. Ich persönlich glaube, dass es unsere letzte Chance war, Winterspiele zu bekommen“, kommentierte Garmischs Bürgermeister Thomas Schmid enttäuscht.
Olympische Winterspiele in München dürften damit auf unabsehbare Zeit von der Agenda des deutschen Sports verschwinden. „Klar ist, dass dann eine solche Bewerbung für lange Zeit nicht möglich wäre“, hatte Michael Vesper, der Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), für den Fall eines negativen Bürgervotums erklärt. Womöglich werden nach der Erholung von dem aktuellen Niederlagen-Schock Stimmen nach einer Bewerbung um Sommerspiele laut.
„Man weiß nie, wie gut die Mobilisierung bei den Menschen funktioniert“, hatte Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) bei der Abgabe seiner Stimme im Wahllokal geäußert. Ude beschwor immer wieder die seiner Meinung nach einzigartige Chance, dass München als erste Stadt überhaupt ein halbes Jahrhundert nach den Sommerspielen 1972 auch Gastgeber von Winter-Olympia werden könnte. Jetzt musste das Stadtoberhaupt mit seinen Mitstreitern die zweite Niederlage nach der gescheiterten 2018-Kandidatur gegen das südkoreanische Pyeongchang verkraften.
Das sportliche Konzept war gegenüber der ersten gescheiterten Bewerbung modifiziert worden. Der Neubau von Wettkampfstätten wäre durch vier Wettkampforte verringert worden. Die Kosten der Spiele wurden mit 3,3 Milliarden Euro veranschlagt, die Bewerbungskampagne sollte 29 Millionen Euro betragen.
Die Gegner führten als ihre Hauptargumente gegen Olympia die Eingriffe in die sensible Natur der Alpenregion, „Knebelverträge“ mit dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) und eine von ihnen befürchtete Kostenexplosion an. Offenbar zogen diese Argumente bei den Bürgern mehr als die Aussicht auf ein bayerisches Wintermärchen analog zum Sommermärchen bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland.
Kurz vor den vier Bürgerentscheiden hatte sich der Deutsche Alpenverein (DAV) am Samstag mit großer Mehrheit gegen Winterspiele 2022 ausgesprochen. Begründet wurde das vor allem mit den nötigen Eingriffen in die Natur. Präsident Josef Klenner sprach von einer „sehr klaren Entscheidung“ und einer „sehr deutlichen Positionierung“ des Alpenvereins.
Die Bewerbungsfrist für die Winterspiele 2022 beim IOC läuft am Donnerstag ab. Nach Münchens Aus gehen nun wohl neben dem klaren Favoriten Oslo noch Peking, Krakau, Almaty in Kasachstan und das ukrainische Lwiw ins Rennen. Auch Stockholm könnte noch als Bewerber dazukommen. Das IOC entscheidet über den Ausrichter der Winterspiele 2022 am 31. Juli 2015 in Kuala Lumpur, der Hauptstadt Malaysias.