Kaufmann gab eine Tat zu, die er nicht begangen hat

831 Tage sitzt der Schauspieler unschuldig in Haft. Er habe keine Chance gesehen, seine Unschuld zu beweisen.
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Strafverteidiger Steffen Ufer
Torsten Huber Strafverteidiger Steffen Ufer

MÜNCHEN Der renommierte Strafverteidiger Steffen Ufer ist damals überzeugt gewesen, dass sein Mandant Günther Kaufmann (†64) den Steuerberater Hartmut Hagen (†60) ermordet hat: „Sein Geständnis war so überzeugend, dass ich auf keinen Fall Zweifel hatte, dass er der Täter war.“

Am Tatort habe Kaufmann genau zeigen können, wo der Steuerberater am Boden gelegen ist. „Einen Polizisten, der mit Kaufmann die Tat nachgespielt hat, hätte er beinahe umgebracht, so echt hat er die Tat nachgespielt“, erinnert sich Ufer. Es ist der 2. Februar 2001. Frischer Schnee bedeckt den Vorgarten der Doppelhaushälfte in der Wilhelm-Weilting-Straße 31 in Großhadern. Licht brennt.

Um zirka 17.54 Uhr geht bei der Polizei ein Notruf ein: „Hier ist ein Toter.“ Der aufgeregte Anrufer ist Schauspieler Günther Kaufmann. Er wohnt damals bei seinem Freund und Steuerberater Hagen. Minuten später treffen die Ermittler von der Münchner Mordkommission ein. Hagen liegt bäuchlings am Boden mit dem Gesicht auf einer Wolldecke. Die Hose ist heruntergezogen.

Am linken Handgelenk hängt ein weißes Stromkabel. Neben der Leiche ein Streifen Gewebeband. Die Obduktion ergibt: Tod durch Ersticken. Kaufmann ist der Kriminalpolizei bereits am Anfang verdächtig. Er wirkt nervös, erscheint fast täglich im Kommissariat, um den Ermittlungsstand abzufragen.

Am 8. Februar wird Kaufmann festgenommen. Vieles spricht dafür, dass er der Täter ist: „Am Tatort waren überall seine DNA-Spuren“, weiß Strafverteidiger Ufer. Auch ein Motiv gibt es: Kaufmann und seine krebskranke Frau Alexandra († 39) haben bei dem Steuerberater Schulden in Höhe von 485727 Euro.

Das Geld soll ihm Frau Kaufmann mit einer Lüge abgezockt haben: Sie plane auf ihrem Grundstück in Portugal eine Luxus-Hotelanlage. US-Rocksänger Billy Idol sei Investor mit 70 Millionen Dollar. Idol habe den Deal platzen lassen. Jetzt führe sie in den USA einen Schadensersatzprozess gegen ihn.

Sie soll Hagen hohe Zinsen versprochen haben, damit er den Prozess finanziert. Selbst Günther Kaufmann glaubt die Story. Als sie 1999 angeblich wegen des Verfahrens nach New York muss, ist Alexandra in Wirklichkeit ihrem Lover Hans-Joachim U. (51) in Berlin. Ein Mann mit kriminellen Hintergrund.

Der Steuerberater bemerkt die Lüge. Alexandra Kaufmann gab das Geld für teure Medikamente aus, die die Kasse nicht zahlt. Einen Teil verprasst sie mit ihrem Geliebten. Hagen will das Grundstück in Portugal. Sein Todesurteil. Hans-Joachim U. und zwei Komplizen reisen nach München, töten Hagen.

Kaufmann hat bei seiner Verhaftung keinen Schimmer, dass seine Frau ein Doppelleben führt. Laut eigener Aussage wollte er sie vor der Polizei schützen. Auch als sie Pfingsten 2002, kurz vor Prozesseröffnung, an Krebs stirbt, hält Günther Kaufmann zur ihr. Zunächst versucht er zwei Spezln die Tat anzuhängen.

Als sich herausstellt, dass sie unschuldig sind und ihm das Gericht bei einem Geständnis in Aussicht stellt, keine lebenslange Freiheitsstrafe zu verhängen, gibt Kaufmann die Tat zu. Er habe keine Chance gesehen, seine Unschuld zu beweisen, sagt der Schauspieler später. Urteil: 15 Jahre Haft. Plötzlich die Wende. Einen der Berliner Täter plagt das schlechte Gewissen. Er stellt sich. Nach 831 Tagen ist Günther Kaufmann wieder ein freier Mann.

 

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