Kaufhof-Karstadt-Fusion: Was sie für München bedeutet

München - Plötzlich ging alles ganz schnell. Erst hieß es, die Verhandlungen für eine mögliche Kaufhof-Karstadt-Fusion seien am Wackeln, dann sickerte durch, es habe eine Einigung gegeben (AZ berichtete) – jetzt ist der Vertrag bereits unterschrieben.
Signa und die Hudson’s Bay Company (HBC) bilden nun ein Joint Venture und gründen gemeinsame eine neue Holding, das teilten die beiden bisherigen Eigentümer von Kaufhof (HBC) und Karstadt (Signa) gestern gemeinsam mit. Ein Joint Venture ist ein Gemeinschaftsunternehmen, das zwei oder mehrere voneinander unabhängige Unternehmen miteinander gründen und führen.
Auch vom europäischen Gebäudebestand der HBC, insgesamt sind es 57 Immobilien, erwirbt Signa 50 Prozent. Viele der Häuser stehen in absoluten Schokoladenlagen – und sind damit besonders begehrt und wertvoll.
Kritik von der Gewerkschaft
Die einzelnen Warenhaus-Filialen müssen für die Nutzung der Gebäude jeweils Miete zahlen – ein Punkt, den Hubert Thiermeyer, Fachbereichsleiter Handel in Bayern bei der Gewerkschaft Verdi, besonders kritisiert: „HBC hat zum Beispiel nach dem Kauf von Kaufhof vor drei Jahren einen Teil des Kaufpreises aus dem aktuell laufenden Geschäft von Kaufhof refinanziert – unter anderem durch eine Erhöhung der Mieten.“
Dies sei nur eine von mehreren Fehlentscheidungen durch das Management von HBC gewesen, die zu Umsatzrückgängen geführt hätten, so Thiermeyer. „Vor dem Einstieg von HBC ist Kaufhof ein absolut gesundes Kauf- und Warenhaus gewesen.“ Jetzt sieht die Lage allerdings anders aus. Von steigenden Verlusten in Millionenhöhe oder gar drohender Insolvenz ist die Rede.
Mitarbeiter sind verunsichert
Für die je rund 500 bis 600 Mitarbeiter in den großen Filialen wie etwa am Stachus oder am Marienplatz und die je etwa 100 Mitarbeiter in den kleinen beginnt nun eine Zeit der Ungewissheit.
Gerüchten zufolge sollen bundesweit tausende Stellen eingespart sowie einige Filialen geschlossen werden. Für die Gewerkschaft Verdi wäre dies aber ein falscher Schritt. „Jeder Standort in München hat seine Daseinsberechtigung und kann gewinnbringend gesteuert werden“, so Thiermeyer.
Warenhäuser sind notwendig
Städte seien angewiesen auf Kauf- und Warenhäuser. „Sie bieten gewisse Sortimente an, die heutzutage sonst von niemandem mehr angeboten werden.“
Dazu kommt: Die Möglichkeit, Waren anzufassen und sofort mit nach nach Hause nehmen zu können, kann der Onlinehandel nicht bieten. Auch die Beratung bleibe auf der Strecke, so Thiermeyer: „Das sieht man allein an den hohen Retouren-Quoten.“