Katastrophale Zustände: "Gefährliche Pflege"
Der aktuelle Bericht der Münchner Heimaufsicht ist katastrophal: Bei jeder dritten Kontrolle entdecken die Prüfer zum Teil gravierende Mängel. Welche Konsequenzen die Behörde jetzt zieht
MÜNCHEN - Die Bewohner von Münchens Altenheimen werden in vielen Fällen nicht gut versorgt. Bei knapp einem Drittel aller Kontrollen fanden die Prüfer der Heimaufsicht Mängel, die sie oft sogar als gefährlich einstuften.
Gestern ist dem Stadtrat der Qualitätsbericht für die vergangenen beiden Jahre vorgestellt worden. Das Fazit: „Von einer Entwarnung in der Pflege kann nicht gesprochen werden.” Ohne eine externe Überprüfung, so heißt es in der Bilanz, „konnte eine humane und aktivierende Pflege unter Achtung der Menschenwürde oftmals nicht sichergestellt werden.”
Die Prüfer tauchen immer unangemeldet in den 56 Einrichtungen der Altenhilfe auf. Bei ihren 203 Besuchen kontrollierten sie insgesamt 1120 Fälle. Das Ergebnis ist nach wie vor beschämend: 355 Mal fanden sie Beispiele für „gefährliche Pflege”. Darunter fallen beispielsweise Wundliege-Geschwüre oder auch die Frage, ob die Bewohner dürfen, wenn sie mal müssen. Zum Vergleich: In der Bilanz davor hatten die Kontrolleure 144 Fälle als „gefährlich” eingestuft, also deutlich weniger.
Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle will diesen signifikanten Anstieg nicht falsch verstanden wissen. Denn der Grund läge in einer „veränderten Strategie der Heimaufsicht”. Häuser mit Qualitätsdefiziten würden häufiger geprüft. Und bei konkreten „Verdachtsmomenten” rücke gleich ein größeres Prüfer-Team an. In der Folge steige die Anzahl der festgestellten Mängel. Und trotzdem gibt es sie. Das ist nicht wegzudiskutieren.
„Optimale Pflege” bescheinigte die Heimaufsicht den Häusern nur 47 Mal. Den Rest der Fälle, also insgesamt 718, stufte sie als „angemessene Pflege” oder Routinepflege ein – letztere funktioniert oft nach Schema F, so als wenn ein alter Mensch wie der andere wäre.
Eine Botschaft ist dem KVR-Chef Blume Beyerle, bei dem die Kontrolleure angesiedelt sind, bei all dem wichtig: „Wir müssen auch sagen, dass es deutliche Qualitätsverbesserungen gibt. So sei die Zahl der „freiheitsentziehenden Maßnahmen”, also auch das Fixieren der Bewohner im Bett, klar zurück gegangen.
Was geschieht, wenn die Prüfer Mängel feststellen und das Heim einfach nicht reagiert? Dann greift die Behörde durch. Zehn Mal ist in den Jahren 2009 und 2010 ein Aufnahmestopp verhängt worden. Das heißt: Häuser durften frei werdende Plätze nicht wieder belegen. Das bedeutet für den Träger freilich erhebliche finanzielle Einbußen.
Die Mindestdauer eine solchen Stopps liegt bei drei bis vier Monaten, in einem Fall dauerte er sogar 15 Monate. In einem Fall griff die Heimaufsicht zum letzten Mittel: Weil Beratungen, Mängelbescheide und ein Aufnahmestopp nicht halfen, schloss sie eine Einrichtung komplett.
Gerade arbeitet das KVR an einer neuen Internetplattform. Dort sollen künftig die Prüfberichte der Heimaufsicht abrufbar sein.
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