Karlheinz Schreiber: Packt der „Pate“ aus?
AUGSBURG/MÜNCHEN - 15 Jahre lang hat der schillernde Waffenlobbyist Deutschland in Atem gehalten. Ab Montag steht er in Augsburg vor Gericht. Fünf Monate soll der Prozess gegen den kleinen König dauern.
Steuerhinterziehung, Beihilfe zum Betrug – fünf Monate wird Ex-Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber ab heute vor dem Augsburger Landgericht im Rampenlicht stehen. Damit wird das letzte Kapitel im Schreiber-Krimi aufgeschlagen: Dem Hauptdarsteller wird endlich der Prozess gemacht. 25 Verhandlungstage hat der Vorsitzende Richter Rudolf Weigell (52) angesetzt. Der Jurist ist ruhig und zurückhaltend – das Gegenteil von Sprücheklopfer Schreiber. Zum Knall könnte es nur zwischen ihm und den Staatsanwälten kommen: Die sind der Meinung, dass Bestechung noch nicht verjährt ist.
In den bisherigen Krimi-Kapiteln flog der damalige Kanzler Helmut Kohl (CDU) mit seiner Schwarzgeld-Kasse auf. Sein Fraktionschef Wolfgang Schäuble (CDU), der heutige Finanzminister, musste seine Ämter aufgeben, weil er 100000 Mark (rund 50000 Euro) angenommen hatte, aber nicht mehr wusste von wem. Bundeskanzlerin Angela Merkel rückte danach in der CDU an die Spitze. Im Freistaat ging die Familie Strauß unter. Strauß-Sohn Max hätte es seelisch und wirtschaftlich fast ruiniert. Ex-Rüstungsstaatssekretär Holger Pfahls landete hinter Gittern.
Dabei war der eitle Spezl von Franz Josef Strauß alleine schuld, dass alles aufflog. 1991 hatte er sich mit einem Geschäftspartner gestritten – um Geld! Der strengt einen Zivilprozess gegen Schreiber an. Die Schriftsätze sind so brisant, dass sie bei den Steuerfahndern landen. Die scheren sich nicht darum, dass es sich um ein angesehenes CSU-Mitglied handelt, einen kleinen König, der in seiner Villa mit Regierungsgrößen aus München kegelt. Sie durchsuchen sein Haus, finden zwei Kalender, in denen der Kaufmann akribisch aber verschlüsselt Buch führte über Schmiergeldzahlungen auf Schweizer Tarnkonten an deutsche Politiker und Manager. Es geht um den Verkauf von Fuchs-Panzern nach Saudi-Arabien, Hubschraubern und Airbus-Flugzeugen. Schreiber setzt sich gleich in die Schweiz ab, dann nach Kanada, wo er auch eine Staatsbürgerschaft hat.
Die Steuerfahnder knacken den Code: „Waldherr“ ist der damalige CDU-Schatzmeister Walter Leisler-Kiep. Er gesteht, dass er in einem Schweizer Einkaufszentrum von Schreiber einen Koffer mit einer Million Mark (rund 500000 Euro) für die CDU bekam. Er wird zu 22600 Euro Geldstrafe verurteilt. „Holgart“ entpuppt sich als Holger Pfahls, den Ex-Rüstungsstaatssekretär, der seine Karriere als Büro-Chef und engster Vertrauter von Franz Josef Strauß gestartet hatte. Er bestätigt Schreibers-Schmiergeld-System und muss zwei Jahre und drei Monate in Haft.
„Winter“ und „Jürglund“ sind die Thyssen-Manager Winfried Haastert und Jürgen Massmann, der mit CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister eine Liebschaft hatte. Sie bekommen Bewährung.
Auf dem Konto „Maxwell“, sammelten sich 2,6 Millionen Euro Schmiergeld. Die Fahnder waren überzeugt: „Maxwell“ ist Max Strauß. Erst wird er verknackt, in zweiter Instanz aber freigesprochen. Juristisch kann er in der Sache nicht mehr belangt werden.
Im Prozess geht es nur noch um Steuerhinterziehung und Beihilfe zum Betrug. Wegen Schreiber wurden sogar die Gesetze verändert, damit Steuerhinterziehung bei Flüchtigen nicht verjährt. Rund elf Millionen Euro soll er hinterzogen haben. Alleine beim Verkauf von 36 Fuchs-Panzern nach Saudi-Arabien hatte er etwa 13 Millionen Euro Schmiergeld kassiert und am Fiskus vorbei verteilt.
Ob Schreiber vor Gericht auspackt, damit rechnet niemand. Die CSU kann derzeit alles brauchen, nur nicht ein Aufwärmen der alten Strauß-Machenschaften, und Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht das Revival der CDU-Spendenaffäre.
Angela Böhm