Kann das Russenrad auf der Auer Dult doch bleiben?

Seit Samstag dreht sich auf der Dult wieder das Russenrad. Für die Betreiber ist es die letzte Saison. Auch dem Fahrgeschäft droht das Aus – aber es gibt noch Hoffnung.
Eva von Steinburg |
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Wiesn 1946: Da sind einige mit dem Radl da. Links das Russenrad.
Bernd Wackerbauer 2 Wiesn 1946: Da sind einige mit dem Radl da. Links das Russenrad.
Auch hübsch anzuschauen: das Kettenkarussell neben dem Riesenrad.
2 Auch hübsch anzuschauen: das Kettenkarussell neben dem Riesenrad.

München - "Einmal", erinnert sich Edith Simon (69), "ist ein Brautpaar direkt nach der Hochzeit in der Mariahilfkirche mitgefahren – sie im weißen Brautkleid!" Das nur 14 Meter hohe Riesenrad ist nicht nur ein nostalgischer, sondern offensichtlich für viele Münchner auch ein romantischer Ort.

Seit 20 Jahren betreibt Simon das Russenrad, das jedes Jahr auf der Auer Dult und der Wiesn steht, zusammen mit ihrem Bruder Herbert Koppenhöfer. "Meine alte Dame", nennt Simon das Fahrgeschäft zärtlich und seufzt: "Die hätte ja so viel zu erzählen."

Das kleine Riesenrad auf der Dult steht vor dem Aus

Es ist die letzte Saison für Simon und Koppenhöfer. Aus Altersgründen will das Geschwisterpaar nach der laufenden Dult in Rente gehen. Sie betreiben das Rad in dritter Generation. Schwester und Bruder hoffen sehr, dass sich ein Nachfolger findet – der das Rad auch weiter betreiben darf.

Wiesn 1946: Da sind einige mit dem Radl da. Links das Russenrad.
Wiesn 1946: Da sind einige mit dem Radl da. Links das Russenrad. © Bernd Wackerbauer

Denn die Jakobidult am Mariahilfplatz könnte der allerletzte Jahrmarkt für das 94 Jahre alte Russenrad sein. Der Grund: eine Tüv-Überprüfung. Der Tüv argumentiert mit "europäischen Sicherheitsauflagen". Die offene "Russische Schaukel", wie sie beim Bau 1925 in Thüringen hieß, müsse umfangreich umgebaut werden. Denkbar sind Glasfenster für mehr Sicherheit.

"Unser Fahrgeschäft ist 94 Jahre unfallfrei in Betrieb", sagt Edith Simon. Ist die offene Gondel nicht gefährlich? "Nein. Ich lasse keine Betrunkenen fahren", sagt sie entschieden.

Stadt München will Russenrad erhalten

Eine Umrüstung wäre teuer. Nicht einfach, so einen Nachfolger zu finden. Doch es gibt Hoffnung: Das Wirtschaftsreferat hat zugesagt, sich für die Rettung des legendären Mini-Riesenrads ins Zeug zu legen.

Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU): "Wir arbeiten mit Hochdruck daran, diesen Schatz dauerhaft zu erhalten. Es gibt sicher Lösungen." Wie diese aussehen sollen, da hält sich der CSU-Politiker noch bedeckt. Aber ihm liegt persönlich daran: Schon als Bub ist er mit dem Russenrad gefahren. Das erste Mal mit seiner Großmutter: "Daran hängt mein Herz. Das Russenrad ist ein Oldtimer des Schaustellergewerbes, eine Reminiszenz an die alte Zeit."

Die älteste Idee von einem Riesenrad stammt übrigens aus dem 17. Jahrhundert – aus Osteuropa. Deshalb wurde das nostalgische Miniatur-Riesenrad wohl "Russische Schaukel" getauft.

Einst war das Russenrad in Venedig

"Der blaue Himmel, die bunten Bäume und die bunten Gondeln. Es ist herrlich", schwärmt Edith Simon von der Russenrad-Kasse: Vier Euro kostet die Fahrt für Erwachsene, 2,50 Euro für Kinder. Bevor die ersten Gäste zur Auer Dult eingestiegen sind, hat die Schaustellerin jede Gondel mit dem Lappen abgewischt. Sie hat den Blumenschmuck drapiert und die Konzertorgel saubergemacht: "Ich mache das Filigrane. Das Russenrad muss schön dastehen."

Auch hübsch anzuschauen: das Kettenkarussell neben dem Riesenrad.
Auch hübsch anzuschauen: das Kettenkarussell neben dem Riesenrad.

Ihr Großvater war mit dem Russenrad sogar am Markusplatz in Venedig. Sie und ihr Bruder Herbert Koppenhöfer sind jedoch in München geblieben. Wann Edith Simon das letzte Mal in der luftigen Schaukel saß? "Gerade erst auf dem Oktoberfest. Es ist ein tolles Gefühl", sagt die Münchnerin und lacht: "Es ist ja unser Geschäft. Es wäre schlimm, wenn der Koch seinen Schweinsbraten nicht essen würde."

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