Kampfansage von Markus Söder in der K-Frage: Kein Kommentar von CDU-Chef Friedrich Merz

Ein schwarzer Fehdehandschuh? Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat den Terminplan der Union in der K-Frage über den Haufen geworfen. Was dahinterstecken könnte – und wie sich CDU-Chef Friedrich Merz dazu verhält.
von  Stefan Lange, Natalie Kettinger , Marco Hadem
"Ich bin dafür, dass wir das nach den Wahlen in den neuen Ländern nächstes Jahr machen." Dieser Satz von Markus Söder (CSU) sorgt für Irritationen – bei der CDU.
"Ich bin dafür, dass wir das nach den Wahlen in den neuen Ländern nächstes Jahr machen." Dieser Satz von Markus Söder (CSU) sorgt für Irritationen – bei der CDU. © Carsten Koall/dpa

München - Am Tag danach herrscht Schweigen – obwohl der CDU-Vorsitzende gerade zu Gast im Freistaat ist. Doch Friedrich Merz will sich bei seiner Stippvisite in Rosenheim nicht dazu äußern, dass CSU-Chef Markus Söder den Zeitpunkt für die Präsentation des Unions-Kanzlerkandidaten bei der Bundestagswahl 2025 im ARD-Sommerinterview eigenmächtig verschoben hat.

Manch einer sieht den Vorstoß bereits als Fehdehandschuh, den Söder Merz vor die Füße geschleudert hat.

Will sich nicht äußern: Merz (CDU) in Rosenheim.
Will sich nicht äußern: Merz (CDU) in Rosenheim. © dpa

Friedrich Merz gegen Markus Söder: Die Suche nach guten Argumenten in der K-Frage

Bis zum Sonntagabend galt noch die Ansage von Merz. Er sei sich mit Söder einig, dass man nicht mit einem Kanzlerkandidaten in die Europawahl im Mai nächsten Jahres ziehen werde, sondern "wir werden das im Spätsommer entscheiden". Das sei vereinbart, "und nichts anderes", hatte er bei einer gemeinsamen Präsidiumssitzung in München gesagt.

Doch dann kam Söder. "Ich bin dafür, dass wir das nach den Wahlen in den neuen Ländern nächstes Jahr machen, dass wir uns dann entscheiden", sagte er. Es mache "wenig Sinn", einen Kanzlerkandidaten in drei Landtagswahlen zu schicken. Zudem glaube er auch, "dass wir die Ergebnisse dieser Landtagswahlen sehr, sehr sensibel und sehr genau analysieren müssen und daraus möglicherweise auch gute Argumente für die Personalfrage finden".

Europawahl und Landtagswahlen vor der Brust: Söders bewusster Terminbruch

Die Europawahl findet am 9. Juni statt, die Landtagswahl in Brandenburg am 22. September. Am 1. September kommen Sachsen und Thüringen – das konnten Merz und Söder bei der Terminabsprache in Sachen K-Frage aber noch nicht wissen.

Klar war ihnen jedoch, dass es einerseits der Sommer und andererseits der Herbst sein würde. Die Fokussierung auf den "Spätsommer" war also eine bewusste Entscheidung – die von Söder jetzt ebenso bewusst revidiert wurde.

CDU sieht Kampfansage von Markus Söder: "Nicht überzeugt, dass Merz der geeignete Kandidat ist"

In der CDU-Spitze wurde die überraschende Wendung als Kampfansage an den Vorsitzenden der großen Schwesterpartei gewertet. "Markus Söder ist zweifelsohne nicht davon überzeugt, dass Friedrich Merz der geeignete Kandidat ist", kommentierte ein Präsidiumsmitglied die Entwicklung.

Der Wahlkampfzug wird bei der Union nun – wie schon 2021 – erneut spät aufs Gleis gesetzt: Nach der Abstimmung in Brandenburg werden mehrere Wochen für die von Söder geforderte "Analyse" vergehen, ob die K-Frage noch 2024 geklärt wird, scheint eher fraglich.

K-Frage bei CDU und CSU: Wird Markus Söder zum Königsmacher?

Mit seiner Formulierung hat sich Söder zudem alle Optionen offengelassen. Er betont derzeit zwar immer wieder, dass seine Heimat in Bayern sei und ein Einzug ins Kanzleramt nicht in Frage komme. Im Umfeld des Franken und in Berlin gehen aber viele davon aus, dass er es machen würde, wenn der CDU-Kanzlerkandidat ähnlich umstritten wäre wie Armin Laschet bei der Wahl im Jahr 2021.

Söder könnte aber auch auf die Rolle des Königsmachers aus sein. Das Vorschlagsrecht für den Kanzlerkandidaten hat zwar immer die CDU. Doch die weiß, dass ohne die kleine Schwester Wahlen kaum zu gewinnen sind. Sollte es auf der CDU-Bühne erneut zu einer Auseinandersetzung zwischen Merz und anderen Kandidaten kommen, könnte Söders Votum den Ausschlag geben. Potenzielle Bewerber gibt es genug, ganz vorne auf der Liste steht der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst.

Auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst gehört zu den potenziellen Kanzler-Kandidaten in der CDU.
Auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst gehört zu den potenziellen Kanzler-Kandidaten in der CDU. © Henning Kaiser/dpa

Entscheiden CDU und CSU per Mitgliederentscheid?

Allerdings ist auch der Weg zur Kandidatenkür noch unklar. Bisher hatte Söder immer davon gesprochen, dass der CDU-Vorsitzende zwar das Erstzugriffsrecht habe, die CSU dem aber zustimmen müsse.

Ebenfalls denkbar wäre jedoch ein Mitgliederentscheid. Merz selbst hatte diesen jüngst in einem Interview nicht ausgeschlossen. In der CSU-Satzung ist dies aber bislang nicht vorgesehen.

Wer wird Kanzler-Kandidat bei der Union? Die Umfragewerte sprechen für Markus Söder

Ein Mitgliederentscheid könnte Söder allerdings in die Hände spielen, sollte er eine 180-Grad-Wende planen wie beim letzten Mal: In einer Erhebung des Instituts Insa sprachen sich unlängst 38 Prozent der befragten Wähler von CDU oder CSU für ihn als Kandidaten aus, Wüst landete auf Platz zwei. Hinter Merz stellten sich lediglich 20 Prozent. Gut denkbar, dass die Dinge bei den Parteimitgliedern ähnlich gelagert sind.
Und wie bewertet der CDU-Vorsitzende den Vorstoß aus München? Er ignoriert ihn – zumindest nach außen. "Ganz sicher nicht, nein", antwortete Merz am Montag bei einem Besuch der Bundespolizei in Rosenheim auf die Frage, ob er etwas zum Vorschlag von Söder sagen wolle.

Aus Kreisen beider Parteien hieß es jedoch, Merz habe in den vergangenen Wochen nicht gerade Werbung für sich als Kandidat gemacht. Daher wäre ein späterer Termin durchaus auch in seinem Sinne.

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