Kampf um den nächsten Tunnel

München - Welcher Tunnel kommt als nächster an die Reihe? Das Planungsreferat arbeitet noch an den Studien, doch das Wettrennen hat schon begonnen. Lärmgeplagte Anwohner der Landshuter Allee und der Chiemgaustraße fürchten, dabei verdrängt zu werden.
Der Stadtrat hat vorige Woche beschlossen, den nächsten Tunnel untersuchen zu lassen: Den über der vierspurig auszubauenden Bahnlinie zwischen Zamdorf und Johanneskirchen. Kosten: Minimum 700 Millionen Euro – allein für die Stadt. Geld, das die Stadt noch gar nicht hat.
Davon aufgeschreckt, haben die Bürgerinitiative „Pro Tunnel Landshuter Allee“ und die „Giesinger Tunnel Initiative“ einen offenen Brief an OB Christian Ude geschrieben: Anders als beim neuen Eisenbahntunnel gehe es am Mittleren Ring „nicht nur um eine weitere Verbesserung des Lärmschutzes“. Der müsse beim Ausbau der Strecke ohnehin gemacht werden. Es gehe ihnen darum, „überhaupt einen Lärmschutz herzustellen und darüber hinaus die Abgas- und Feinstaubbelastung der Anwohner endlich in den Griff zu bekommen, die regelmäßig die EU-Vorgaben überschreiten“.
In Giesing und Neuhausen gebe es den größeren Nutzen durch einen Tunnel. „Prestigeprojekte wie ein Tunnel durch den Englischen Garten“ seien „bei der Vielzahl an notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Wohnbevölkerung ohnehin hinten anzustellen“.
Eines ärgert sie besonders: „Durch Giesing führt der Eisenbahnsüdring mit einer ebenso hohen Lärmbelastung durch Güterzüge wie im Münchner Osten. Aber in Giesing scheint es keine städtischen Grundstücke zu geben, die durch einen Lärmschutz eine Wertsteigerung erfahren würden.“
Der offene Brief im Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
wir freuen uns, dass Sie und der Stadtrat das Thema Lärmschutz für Anwohner ernst nehmen und
laut Zeitungsberichten bereit sind, dafür auch städtisches Geld einzusetzen. Als die Menschen in
Giesing und Neuhausen ihre Forderung nach Lärmschutz durch Tunnel am Mittleren Ring erstmals
erhoben haben, hieß es noch, es sei prinzipiell kein Geld für derartige Maßnahmen vorhanden.
Dies hat sich nun geändert. Die Argumentation die im Stadtrat für den Tunnel in Münchner Osten
folgt ähnelt den Tunnelforderungen in Giesing und Neuhausen.
Anders als bei der von Ihnen und der Stadtratsmehrheit geforderten Untertunnelung der
Eisenbahnstrecke in Daglfing und Johanneskirchen geht es am Mittleren Ring jedoch nicht nur um
eine weitere Verbesserung des Lärmschutzes, der beim Ausbau der Strecke durch eine Tieferlegung
und Lärmschutzwälle ohnehin stattfinden würde, sondern darum, überhaupt einen Lärmschutz
herzustellen und darüber hinaus die Abgas- und Feinstaubbelastung der Anwohner endlich in den
Griff zu bekommen, die regelmäßig die EU-Vorgaben überschreiten.
Aus unserer Sicht muss die Stadt München daher beim Einsatz ihrer Mittel für Großprojekte zur
Lärmreduktion darüber nachdenken, wo sie mit ihren Mitteln den größten Nutzen für die
Bevölkerung erreicht. Unserer Ansicht nach ist dies am Mittleren Ring in Giesing und Neuhausen
vorrangig der Fall.
Prestigeprojekte wie ein Tunnel durch den Englischen Garten, der vorrangig Spaziergängern und
Hunden nutzt, sind bei der Vielzahl an notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Wohnbevölkerung
ohnehin hinten anzustellen.
Wir hoffen daher auch auf positive Ergebnisse der zur Zeit laufenden Machbarkeitsstudie zum
Mittleren Ring und insbesondere der Abschnitte in Giesing und Neuhausen.
Ein abschließender Hinweis sei noch erlaubt. Durch Giesing führt der Eisenbahnsüdring mit einer
ebenso hohen Lärmbelastung durch Güterzüge wie im Münchner Osten. Aber in Giesing scheint es
keine Städtischen Grundstücke zu geben, die durch einen Lärmschutz eine Wertsteigerung erfahren
würden.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Lotterschmid Ludwig Hoegner