K.-o.-Tropfen-Prozess: Es war doch kein Mord

München - Für die jungen Männer auf der Anklagebank der Jugendkammer fiel Weihnachten dieses Jahr auf den 19. Dezember. Am Freitag wurden sie zwar alle drei verurteilt, aber die Strafen fielen deutlich milder aus als befürchtet und von der Staatsanwaltschaft beantragt.
Dabei stand eingangs des Prozesses um eine tödliche Dosis K.-o.-Tropfen sogar Mord in der Anklage. Ein 28-Jähriger war im April 2013 nach der Einnahme von Liquid Ecstasy gestorben. Er war zwar aus der Wohnung geschafft und der Rettungsdienst alarmiert worden. Aber die Sanitäter fanden den Sterbenden in dem Hochhaus an der Theresienwiese zunächst nicht.
Die Jugendkammer unter dem Vorsitz von Reinhold Baier wertete dieses Verhalten im Falle des Gastgebers als Totschlag durch Unterlassen. Dem 37-Jährigen gehörte die Flasche mit dem Rauschmittel.
Das Urteil lautete unter Einbeziehung der Strafen für einen kurz darauf begangenen gemeinsam verübten erpresserischen Menschenraub auf sechs Jahre Haft für den älteren und dreieinhalb Jahre Jugendstrafe wegen unterlassener Hilfeleistung für den jüngeren Angeklagten (22).
Der dritte Angeklagte bekam eine Bewährungsstrafe für die Beteiligung am erpresserischen Menschenraub. Die Anklage hatte unter anderem noch auf Mord durch Unterlassen zur Verdeckung eines Drogendelikts gelautet. Doch der Besitz von Liquid Ecstasy ist nicht strafbar, so dass die Staatsanwaltschaft selber im Plädoyer den Mordvorwurf fallen ließ. Die geforderten Strafen lagen aber immer noch deutlich über den Vorstellungen der Verteidigung – und des Gerichts. So forderte der Staatsanwalt für den Gastgeber elf Jahre und vier Monate Haft, sein jüngerer Mitangeklagter sollte sechs Jahre in den Knast.
Die Jugendstrafkammer sah die Taten in milderem Lichte und schloss sich im Urteil weitgehend der Verteidigung an. Sie wertete die Unterlassungstat wegen der erheblichen Mitverantwortung des Opfers als minder schweren Fall.
Der Gastgeber hatte davor gewarnt, den Inhalt der Saftflasche mit dem Liquid Ecstasy unverdünnt zu trinken.
Das 28-Jährige hatte das wohl gehört und trotzdem einen kräftigen Schluck genommen. Als die Angeklagten das sahen, wollten sie den Mann dazu bringen, sich im Bad zu übergeben. Doch der fiel in die Bewusstlosigkeit.
Statt jetzt sofort den Notarzt zu alarmieren, wurde erst diskutiert und der Sterbende schließlich in einem Einkaufswagen im Haus abgelegt. Erst dann wurde der Notruf gewählt.
Das Opfer starb noch in der Nacht im Krankenhaus. Bei schnellerer Reaktion hätte er gerettet werden können.