Justitias langer Atem: Prozess nach 31 Jahren

München - Seit 31 Jahren ist der Mord an dem damals 80-jährigen Franz S. – er wurde in seiner Wohnung erschlagen – ungesühnt geblieben. Jetzt sitzt der mutmaßliche Mörder dank Justitias langem Atem doch noch auf der Anklagebank des Landgerichts. Ein großer Erfolg für Münchens Ermittler, die seit vier Jahren verstärkt versuchen, alte Verbrechen mit neuen Mitteln aufzuklären.

Ein AZ-Foto vom 17. Januar 1986: Bestatter tragen die Leiche des ermordeten Rentners aus dem Haus in der Auerfeldstraße. Foto: AZ-Archiv
Im Sommer 2016 hatte die Mordkommission den Fall aus der Auerfeldstraße wieder aufgerollt. Die 1986 gesicherten Spuren wurden noch einmal in die Datenbank des BKA eingespeist, aber auch mit ausländischen Datenbanken verglichen. Unter anderem hatte sich der Täter verletzt und eine Blutspur im Treppenhaus hinterlassen. Und tatsächlich: Es gab eine Übereinstimmung. Die Spuren konnten einem 56-jährigen Serben zugeordnet werden.
Gefasst wurde er schließlich in Wien, wo er wegen eines ausländerrechtlichen Verstoßes festgenommen wurde. Aufgrund eines europäischen Haftbefehls wegen Mordes kam der 56-Jährige im November 2016 dann nach Stadelheim. Dort sitzt er seitdem in Untersuchungshaft.
Dass er Gewalt ausgeübt hat, hat Bozidar S. schon beim Verhör der Polizei erklärt. Auch bei den Sachverständigen hat er zugegeben, dass er zugeschlagen hatte. Zu Beginn des Prozesses erklärt er nur kurz: "Ich bleibe bei dem, was ich gesagt habe." Weitere Angaben möchte er vorerst nicht machen.
Dafür reden andere. Die Anklage hört sich dabei ein wenig wie der Fall Rudolph Moshammer an. Demnach war der damals 25-Jährige nur kurz in der Stadt gewesen, als er am 16. Januar 1986 mit dem späteren Opfer am Hauptbahnhof in Kontakt kam. Franz S. wollte Sex und dafür auch bezahlen.
"Wie ein Tier" in der Wohnung eingeschlossen
Die beiden gingen in die Wohnung des Opfers in der Auerfeldstraße. Doch als sich Franz S. entkleidete, habe sich Bozidar S. entschlossen, sein Opfer auszurauben. Er griff zu einem schweren Porzellan-Aschenbecher auf dem Nachttisch sowie zu einer Parfumflasche und schlug zu.
Bei den Gutachtern hatte er zum Motiv erklärt, dass ihm nicht klar war, was Franz S. von ihm damals wollte. Er sei kein Stricher. Das sei ihm "ekelhaft" gewesen. Und als er die Wohnung nicht verlassen konnte, weil sein Opfer die Tür abgeschlossen war, habe er sich "wie ein Tier" gefühlt.
Dass er dann zugeschlagen habe, sei deswegen auch die Mitschuld von Franz S. gewesen. Das Opfer habe aber noch gelebt, als er die Wohnung verließ. Die Tat habe ihn sehr belastet, er habe Albträume gehabt. Zwei Jahre danach habe er sich sogar bei der Polizei in seiner Heimat erkundigt, ob nach ihm gefahndet werde. Doch das war nicht der Fall.
Stattdessen ging Bozidar S. aber im Jahre 1996 für seine Beteiligung an einem anderen Raubmord in Belgrad ins Gefängnis. Dank Münchens Ermittlern wird Bozidar S. wohl bald eine weitere lange Haftstrafe antreten.