Junkie vor Gericht: "Rebell" wandert in den Knast

München - Ein Häufchen Elend sieht optimistischer aus. Stefan R. saß gestern mit tief gesenktem Kopf auf der Anklagebank. Gerade hatte ihm sein Verteidiger erklärt, dass die Staatsanwaltschaft in einer Besprechung der Prozessbeteiligten zwölf Jahre Haft für den Junkie (26) gefordert hatte. Selbst für den Fall, dass er die angeklagten Taten gesteht.
Denn die Vorwürfe wiegen schwer. Jahrelang hatte Stefan R. mit seinen Komplizen einer Mönchengladbacher Connection in großem Stil Marihuana durch die Republik geschickt und dann an Dealer in München und Kaufbeuren weiter verkauft. Das Rauschgift wurde mit Paketdiensten an zwei Adressen in München geschickt und von dort an den Abnehmer weitergegeben. Die Anklage geht von gut 340 Kilogramm verkauftem Rauschgift aus.
Doch es kam noch schlimmer: Als im Herbst 2010 eine Sendung verschwand, soll Stefan R. die beiden Adressaten der Unterschlagung verdächtigt und sie mit zwei Komplizen in ihren Wohnungen überfallen haben. Beide Opfer wurden so lange bedroht („Ich schneid’ dir den Finger ab!“) und verprügelt, bis klar war, dass sie das Marihuana nicht hatten.
Seine Drogenkarriere habe er bereits mit 14 Jahren begonnen, erklärte Stefan R. vor Gericht. Mit dem Kokain sei es „richtig losgegangen, als ich in dem Drogenhandel drin war“. Dies sei von 2008 an gewesen.
Seine Familie, seine Freundin, mit der er ein zwei Jahre altes Töchterchen hat, hätten immer wieder versucht, ihn von seinem „Lotterleben“ abzubringen. Es sei ihnen nicht gelungen. Als „faul, stur und rebellisch“ bezeichnet er selbst sein früheres Ich: „Ich hatte Probleme mit Autoritäten.“ Jetzt sei er einsichtig und wolle auch eine Drogen- und Alkoholtherapie beginnen.
Dafür wird er wohl viel Zeit bekommen. Die Anklage lautet neben Drogenhandel in 69 Fällen auf versuchte räuberische Erpressung. Für dieses Verbrechen ist einer der Mittäter bereits zu fünf Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt worden.