Junge Ukrainerin (18) in München: "Ich vermisse meine Freunde"

Annas Englisch ist mittlerweile richtig gut, bei Deutsch ist sie noch unsicher. Das verbessert sie aber kontinuierlich im Deutsch- und im Integrationskurs.
Die 18-Jährige lebt mit ihrer Mutter, ihrer älteren Schwester und dem siebenjährigen Bruder in Untergiesing in einer kleinen Wohnung. Vor einem Jahr dachte Anna noch, der laute Knall vor dem Fenster in Odessa käme von einem Feuerwerk. Ihren Eltern wussten: Der Krieg hat begonnen. Eigentlich wollten sie das Land nicht verlassen, doch nach einer Woche war klar, sie müssen weg, es ist zu gefährlich. Nur der Vater bleibt alleine zurück.
Anfangs kam die Familie in einem Aufnahmelager unter
Über Polen flohen sie nach Deutschland. Am 20. März checkten sie für zwei Tage in ein Hotel ein, danach zogen sie in ein Aufnahmelager. "Plötzlich mit 3.000 Menschen in einem Raum zu sein, war sehr ungewohnt", erinnert sich Anna.
Dann wurde ihr Bruder krank, so schwer, dass er ins Krankenhaus musste. Er litt an einem schweren Vitaminmangel. Eine Belastung für alle. Nach seiner Genesung zog die Familie in ein zweites "Camp" wie Anna es nennt.
Dann erkrankte ihr kleiner Bruder erneut, musste wieder ins Krankenhaus. Die Mutter begleitete ihn. Anna und ihre Schwester mussten eine Weile selbst zurechtkommen. Über den Verein Münchner Freiwillige wurde ihnen eine Übergangswohnung vermittelt, dann eine Bleibe am Kolumbusplatz. "Alle haben uns immer wieder so toll geholfen!"
Vorerst möchte Anna in Deutschland bleiben
Dem Bruder geht es besser, seit September geht er in die Schule. Wenn Anna gerade nicht lernt, geht sie gerne spazieren, besucht eine Tanzschule oder trifft sich mit neu gewonnenen Freunden. "Es ist schön hier", sagt sie. Anna wirkt fröhlich, wenngleich nicht zu überhören ist, was ihr an ihrer Heimat alles fehlt. "Immer wenn ich meine Sprache in der Stadt höre, freue ich mich", gibt sie zu.
Anna will studieren: Informatik reizt sie, später möchte sie programmieren. Deshalb bleibt Anna gemeinsam mit ihrer Mutter, ihrer Schwester und dem kleinen Bruder erstmal in Deutschland. "Zwei Jahre vielleicht", sagt sie.
Obwohl sie sich hier eingelebt hat: Sie vermisst das Leben, den Vater und ihre Freunde sehr. Auch wenn sie jeden Tag mit ihrem Papa übers Handy spricht. Anna: "In meiner Heimat gibt es momentan Strom, deshalb können wir reden. Nur: Am Telefon, das ist nicht das Gleiche. Das ist für uns alle manchmal sehr traurig."