Jugendkriminalität um acht Prozent gestiegen
MÜNCHEN - Auch das „wichtigste Gericht Münchens“ bekommt die steigende Jugendkriminalität zu spüren. 5857 Jugendstraf- und Bußgeldsachen wurden 2007 am Amtsgericht bearbeitet, berichtet Präsident Gerhard Zierl. 2006 waren es noch 5435 – ein Anstieg um fast acht Prozent.
Eine Zahl, die aber erst einmal nur eine Momentaufnahme sei, so Zierl. Der langjährige Vergleich erst werde zeigen, ob die Jugendkriminalität tatsächlich steigt oder aber einfach mehr Taten angezeigt werden. Sorge bereitet dem Amtsgericht- Chef aber vor allem die steigende Brutalität der Taten. „Es gibt keine Regeln mehr. Wo früher bei einer Kirchweih- Prügelei ein am Boden Liegender tabu war, wird heute getreten.“ Der jüngste Fall in der U-Bahn am Ostbahnhof – ein 60-Jähriger war von einem Jugendlichen attackiert worden – belege das: „Kopfstöße hat es früher nicht gegeben.“
Bei näherer Betrachtung der Fälle am Amtsgericht findet sich fast immer dasselbe Muster beim Täterprofil: „Bildungs-, arbeits- und perspektivlos“. Daher werden auch nichtstaatliche Institutionen wie Lichtblick Hasenbergl immer wichtiger. Es habe sich gezeigt, dass Kinder, die dort oder in Heimen untergebracht sind, bessere Bildungschancen haben und dementsprechend weniger oft straffällig werden.
300 Verfahren zur Unterbringung von Minderjährigen
Im Jahre 2007 gab es etwa 300 Verfahren zur Unterbringung von Minderjährigen in Heimen oder Krankenhäusern. Allerdings seien diese Unterbringungen zumeist nur vorübergehend gewesen. Außerdem sind dort auch all diejenigen Fälle erfasst, in denen es um psychologische Betreuung von selbstmordgefährdeten Kindern und Jugendlichen geht.
Zierl nutzte die Gelegenheit, um ein weiteres Problem anzusprechen: „Dem Amtsgericht fehlen 25 Richter.“ 2007 entschied das Amtsgericht in 36 727 Zivil-, 21 086 Strafund etwa 12 630 Familiensachen. Zur Zeit müsse ein Richter im Jahr im Schnitt 720 Verfahren bewältigen. Und die Arbeit der Richter wird in Zukunft nicht weniger. So bringt das neue Unterhaltsrecht, wonach der Kinderunterhalt Vorrang genießt, einen Anstieg der Zahlen, weil alte Verfahren neu aufgerollt werden können.
Die Münchner Polizei fahndet seit gestern mit dem Foto, das eine Überwachungskamera aufgenommen hat, nach dem Schläger vom Ostbahnhof. Die ziemlich gelungene Aufnahme ist nicht der einzige Anhaltspunkt, den die Fahnder haben. Denn inzwischen haben sich schon drei Augenzeugen gemeldet, die Hinweise geben konnten. Der Schläger wird wohl nicht mehr lange auf freiem Fuß sein.
John Schneider