Josef Wilfling (†75): Zwei Fälle machten ihn zur Ermittler-Legende
München - "Streiten Sie sich niemals in der Küche", sagte der Kriminaloberrat im Gespräch mit der Abendzeitung. Als der Redakteur nach dem Grund fragte, grinste Josef Wilfling nur und antwortete: "Da liegen zu viele Messer."
Josef Wilfling kannte die Abgründe der menschlichen Seele. 1987 kam er als Ermittler zur Mordkommission. Chef von K11 wurde er 2002. In all den Jahren hat er so ziemlich alle Grausamkeiten erlebt, zu denen Menschen manchmal fähig sind. Er jagte Mörder, die aus Wut, aus Leidenschaft, aus verletztem Stolz, aus purem Hass oder Habgier getötet hatten.
Wilfling war "ein Kriminaler alter Schule"
"Josef war ein herausragender Polizist und liebenswerter Freund", sagt LKA-Präsident Harry Pickert. Beide haben über viele Jahre im Münchner Präsidium zusammengearbeitet. "Er war ein versierter Kriminaler mit einem unglaublichen Gespür für die Situation, großer Menschenkenntnis und einer gehörigen Portion Witz. Ein Kriminaler alter Schule und ab und zu ein Schlitzohr im positiven Sinn."

Rund 100 Fälle von Mord und Totschlag hat Münchens berühmtester Mordermittler im Lauf der Jahre bearbeitet und fast alle haben er und sein Team bei K11 gelöst. Für die Verdächtigen endete der Prozess vor dem Landgericht München in 25 Fällen mit dem Urteil lebenslänglich.
Zwei Fälle waren die Basis seines legendären Rufs
Josef Wilfling überführte die beiden Männer, die im Juli 1990 den Volksschauspieler Walter Sedlmayr im Schlafzimmer seiner Wohnung in der Elisabethstraße in Schwabing ermordet hatten. Sedlmayr war mit einem Hammer geschlagen und mit mehreren Messerstichen verletzt worden.

Die Ermittler konzentrierten sich zunächst auf die Stricherszene, doch dann gerieten zwei Männer aus Sedlmayrs engstem Umfeld in Verdacht. Beide haben viele Jahre für den Mord an dem Schauspieler im Gefängnis gesessen.

Der zweite Mordfall, der bundesweit für Schlagzeilen sorgte, war der Tod von Modezar Rudolph Moshammer. Er wurde im Januar 2005 nachts in seinem Doppelhaus in Grünwald mit einem Kabel erdrosselt. Sein Chauffeur fand die Leiche. Als Mörder wurde ein Mann verurteilt, der in der Stricherszene gearbeitet hat und den Moshammer mit nach Hause genommen hatte.

Wilfling war ein gewiefter Vernehmungsspezialist
Drei Dinge zeichneten den Mordermittler Josef Wilfling aus: sein messerscharfer Verstand, sein manchmal rabenschwarzer Humor und sein Talent, auf Menschen einzugehen, mit ihnen zu sprechen und ihnen dabei manchmal Dinge zu entlocken, die sie eigentlich gar nicht erzählen wollten. Das machte Wilfling zu einem gewieften Vernehmungsspezialisten, der manchem Verdächtigen gelegentlich auch spät in der Nacht ein Geständnis entlockte.
"Der Erfolg bei so einer Ermittlung ist niemals eine Einzelleistung. Das ist immer auch die Leistung des gesamten Teams", sagt Wolfgang Wenger, langjähriger Pressechef des Polizeipräsidiums München und ebenfalls ein guter Freund von Josef Wilfling. "Bei manchen Fällen, die Josef aufgeklärt hat, geriet das leider etwas in den Hintergrund."
"Feierabend wird überschätzt", war so ein Spruch von Wilfling. Oder "Gemütlichkeit gibt's wieder, wenn der Fall geklärt ist! Voller Einsatz!" Auch mal ruppig – ein echter Oberfranke halt. Nie unfair – immer nach Vorschrift, aber gern pragmatisch und durchaus sehr kreativ, erinnert sich LKA-Präsident Harry Pickert. "In Zeiten mit viel Stress und Hektik fragte Josef trotzdem: Wie geht's zuhause? Wie geht's den Kindern? Er hatte ein gutes Gefühl, wenn es bei jemanden privat Probleme gab."

Im Ruhestand wurde Wilfling Buchautor
Selten ließ Wilfling seine Spürnase im Stich: Beispielsweise beim Schauspieler Günther Kaufmann, der einen Mord gestand, den er nicht begangen hatte und deshalb Jahre im Gefängnis saß.
Auch die brutale Mordserie des NSU wurde nicht, wie Josef Wilfling lange vermutete, von einem Killer im Auftrag des organisierten Verbrechens verübt, sondern von Neonazis im Untergrund.
42 Jahre war Josef Wilfling Polizist, zuletzt Kriminaloberrat und Chef bei K11. Ende 2009 ging er in Pension. Doch der Ruhestand sah bei ihm ganz anders aus als bei einem normalen Polizisten. Wilfling startete eine erfolgreiche Karriere als Buchautor. Er schrieb mehrere Bestseller.

Wolfgang Wenger: "Josef Wilfling war ein Polizist mit Ecken und Kanten, ein echter Typ, jemand der keine Angst hatte, anzuecken und sich traute, manchmal auch gegen den Strom zu schwimmen."