John Demjanjuk in Stadelheim: Sahnehering in der Altbau-Zelle
MÜNCHEN - Geräumig und hell: Der mutmaßliche Kriegsverbrecher John Demjanjuk teilt sich in Stadelheim die größte Zelle mit einem Mitbewohner und genießt leichte Kost. Die Ärzte halten ihn für haftfähig - ob er einen Prozess durchsteht, muss noch geklärt werden.
Sie hat hohe Decken, ist hell und groß: John Demjanjuks Zelle in Stadelheim gleicht eher einem Klinikzimmer als einem Kerker. Am Dienstag wurde der mutmaßliche Kriegsverbrecher nach München ausgeliefert und nach Stadelheim gebracht – so wohnt er dort:
Am Dienstag um 10.50 Uhr führten ihn die Aufsichtskräfte der JVA Stadelheim in seine Pflegezelle. Sie liegt im Erdgeschoss des denkmalgeschützten Teils der JVA – ein Altbau mit hohen Decken, mit 24 Quadratmetern doppelt so groß wie normale Zellen. Demjanjuk teilt sich das Zimmer mit einem Rollstuhlfahrer, Ärzte und Schwestern kümmern sich um die beiden Insassen.
In der wohnlichen Zelle stehen zwei Betten, Tisch, Stuhl, Toilette und Waschbecken. Dusche und Bad sind auf dem Gang. Demjanjuk hat Zugang zu ukrainischen und russischen Büchern aus der Bibliothek. Er kann aber auch Bücher über Hugendubel bestellen.
Donnerstag gibt's Reisfleisch, Freitag Sahnehering - immer mit Salat
Mittags servieren ihm die Köche der Strafanstalt leichte Kost: Mittwoch gab’s Gemüseeintopf mit Sojaeinlage, heute gibt’s Reisfleisch. Freitag steht Sahnehering mit Tomatensuppe, Salzkartoffeln und Salat auf dem Speiseplan.
Klingt fast zu gemütlich, und doch sei die Anstalt verpflichtet, für Demjanjuk gut zu sorgen, sagt der stellvertretende Leiter Jochen Menzel. „Für uns ist er in erster Linie ein Mensch. Dann schauen wir, dass er nicht abhaut.“
Demjanjuk behauptete bislang, er leide an einer Nierenerkrankung, einer Vorstufe zu Leukämie sowie an Rheuma und Gicht. Laut Ärzten ist er aber „ohne Zweifel haftfähig“, sagt Menzel. „Er ist wach, ansprechbar und zugewandt. Er sitzt nicht im Rollstuhl und ist für einen 89-Jährigen in guter körperlicher Verfassung.“
Ob die auch einen Prozess aushält, muss die Staatsanwaltschaft klären. Laut Oberstaatsanwalt Anton Winkler wurde ein Gutachten in Auftrag gegeben – das Ergebnis soll binnen zwei Wochen kommen. Dann soll Anklage erhoben werden. Demjanjuk soll 1943 dabei geholfen haben, 29 000 Juden im KZ Sobibor zu töten.
Thomas Gautier
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