Interview

Jochen Schweizer baut Hotel in Taufkirchen: "Dem Glück eine Chance geben"

Jochen Schweizer (65) ist bekannt geworden durch spektakuläre Sprünge, als Investor bei "Höhle der Löwen" und auch für seine Erlebnis-Arena in Taufkirchen. Nun soll dort auch ein Hotel entstehen. Ein Gespräch mit einem Angstfreien.
von  Hüseyin Ince
Jochen Schweizer auf dem Plateau des Hochseilklettergartens. Etwa 20 Meter hoch ist es hier. Im Hintergrund: der Turm der Bodyflying-Windstroms, auf dem man indoor fliegen kann.
Jochen Schweizer auf dem Plateau des Hochseilklettergartens. Etwa 20 Meter hoch ist es hier. Im Hintergrund: der Turm der Bodyflying-Windstroms, auf dem man indoor fliegen kann. © Sigi Müller

München - Er sprang mit dem Motorrad vom Hamburger Fernsehturm, per Helikopter machte er einen Weltrekord-Bungee-Jump und er flog auch mal einhändig an der Tragfläche eines Sportflugzeugs mit - mit Fallschirm natürlich. Jochen Schweizer als sportverrückt zu bezeichnen, ist keine Übertreibung.

In seiner Arena kann man seit mehr als sechs Jahren surfen, im Windkanal fliegen, auf dem Hochseilparkour klettern – und auch ziemlich gut essen. Ein Besuch bei dem Mann, der fast täglich in seiner Taufkirchner Arena anzutreffen ist – dem "schönsten Arbeitsplatz der Welt", wie Schweizer es nennt.

AZ: Herr Schweizer, Corona ist endgültig vorbei, oder?
JOCHEN SCHWEIZER: Oh ja, zum Glück. Drei Industrien wurden nachhaltig beschädigt. Da haben wir mit der Arena drei Mal ins Schwarze getroffen.

Wie meinen Sie das, dreifach?
Nun ja, die Veranstaltungsindustrie, die Gastronomie und auch der Tourismus standen still. Und ich habe hier in Taufkirchen Gäste aus allen drei Branchen. Übrigens: Wollen Sie einen Wein probieren, den gibt es fast nirgends in Deutschland, außer bei mir.

Jochen Schweizer zur Corona-Pandemie: "Hätte den Vogel gezeigt"

Ja, gerne.
Der heißt Petite Arvine, aus dem Oberwallis. Die Traube ist so groß wie eine Erbse. Leicht salzig im Nachbouquet. Habe ich bei einer Tour vor etwa einem Jahr entdeckt. Probieren Sie.

Schmeckt sehr sommerlich, frisch und fruchtig.
Frischer, klarer, ehrlicher Weißwein.

Sie haben also während des Lockdowns einen neuen Wein entdeckt. Wie haben Sie die Zeit noch überstanden?
Ich habe ein Buch geschrieben, an meinem alten Holztisch, auf meiner Hütte in Norwegen. Einen mythologischen Roman mit dem Titel "Die Begegnung, eine Geschichte über den Weg zum selbstbestimmten Leben". Wir hatten ja in Deutschland abends eine Art Hausarrest, Menschen wurden bestraft, wenn Sie spazieren gegangen sind. Hätte mir das vor fünf Jahren jemand vorausgesagt...

...hätten Sie die Person für verrückt erklärt?
Ich hätte ihm den Vogel gezeigt.

Jochen Schweizer suchte Einsamkeit in Norwegen: "Im Alltag bin ich immer sehr abgelenkt"

Und dann haben Sie sich nach Norwegen abgesetzt, in die einsame Hütte.
Ja.

Alleine?
Ja.

Sie mögen also Einsamkeit.
Oh ja.

Was gibt sie Ihnen?
Ruhe, Fokus, Seelenfrieden. Kreativität. Im Alltag bin ich sonst immer sehr abgelenkt. Sie sehen ja, was hier los ist.

Die Hütte ist mitten im Wald?
Hoch auf den Felsen, mit weitem Blick.

Welche Stadt ist denn in der Nähe?
Das behalte ich für mich. Sie liegt aber sehr weit im Norden des Landes.

Das heißt: viel Dunkelheit.
Viel Licht! Das kommt auf die Jahreszeit an. Wenn Sie jetzt hinfahren, geht die Sonne kaum unter.

Die Hobbys des Jochen Schweizer: "Kajakfahren ist großes Glück für mich"

Was machen Sie da den ganzen Tag, wenn Sie so alleine sind?
Ich gehe viel Kajakfahren. Weite Touren über die offene See. Oder tief in die Fjorde.

Kajakfahren ist Ihnen nach wie vor sehr wichtig?
Absolut. Ein großes Glück für mich. So kann ich mich der Reizüberflutung entziehen.

Jetzt läuft es ja wieder langsam auf Hochtouren in der Arena.
Ja, wir rechnen mit 400.000 Gästen dieses Jahr.

Wie viele waren es vor dem ersten Lockdown?
Über 500.000.

Wie entstand die Idee, dass Sie neben der Jochen-Schweizer-Arena ein Hotel bauen?
Wir waren in einer Krise während Corona. Ich sah das aber auch als Chance und kaufte das Grundstück nebenan. Und es fand sich auch ein Investor, der die Idee mit uns zusammen entwickelt hat.

Wie kam die Idee, die Küche zu erweitern? Sie haben seit neuestem bayerische Outdoorküche mit Biergarten und eine asiatische Küche mit Wok-Spezialitäten.
Auch die Zahl der Spezialitäten in der Hauptküche haben wir erweitert. Die Konsequenz der Lockdown-Politik war, dass reguläres Gastro-Personal in Kurzarbeit nicht genug verdienen konnte, um über die Runden zu kommen, weil das Trinkgeld fehlte. Das macht einen großen Teil der Einkünfte aus. Viele haben den Job gewechselt. Wertvolle Fachkräfte sind in alle möglichen Berufe gegangen.

Und nach dem Lockdown?
Da hatte ich das Problem, neue Köche zu finden, nachdem wieder Gäste kommen durften. Denn die hatten in den vielen Monaten des Stillstandes auch den Job gewechselt. Nach dem Lockdown mussten Gäste und Mitarbeiter noch lange Masken tragen – da kam wenig Stimmung auf und es gab lange kaum Buchungen für Firmenveranstaltungen. Ein Albtraum, der zum Glück vorbei ist.

Auf diesem Areal direkt neben der Jochen-Schweizer-Arena soll ein neues Hotel entstehen. Der Bauzaun steht schon.
Auf diesem Areal direkt neben der Jochen-Schweizer-Arena soll ein neues Hotel entstehen. Der Bauzaun steht schon. © Sigi Müller

Aber warum asiatische Küche?
Die Gerichte sind à la minute zubereitet. Die asiatische Küche ist sehr beliebt bei den Surfern. Viele unserer Gäste kommen zur Indoor-Welle. Nur frisch gekaufte Zutaten, frisches Gemüse, zubereitet im Wok, zwölf Euro. Da brauchte ich anfangs nur einen guten asiatischen Koch. So kam die Gastro langsam wieder in Schwung. Für die Veranstaltungsküche habe ich zeitweise sogar Köche aus Palermo eingeflogen, von einer Kochschule.

Ist Jochen Schweizer der Verzweiflung nahe? "Es gibt immer Lösungen"

Klingt, als ob Sie der Verzweiflung nahe waren.
Nein, war ich nie, es gibt immer Lösungen.

Hatten Sie während Corona die Vision, dass alles ein Ende haben wird, sich die Dinge wieder normalisieren?
Alles hat ein Ende, sogar wir! Das ist die einzige Gewissheit im Leben. Diese Tatsache wird um den Umstand gemildert, dass wir nicht wissen, wann das sein wird. Und ich finde, man muss dem Glück auch immer eine Chance geben. Ich nenne es: Das Momentum aufrecht erhalten.

Klingt wie Disziplin und Fleiß.
Disziplin tut weh. Aber Disziplinlosigkeit am Ende auch. Ich habe den selbstgewählten Schmerz durch Disziplin lieber.

Die Disziplin, die Sie als Teenager und junger Mann beim Kajakfahren erlernt haben?
Unbedingt. Auch als Stuntman. Wichtig ist, bestimmte Dinge anzuerkennen.

Ein Beispiel?
Die Gesetze der Natur und der Physik. Gravitation ist nicht verhandelbar.

In der Küche werden Wok-Gerichte und Biergartenschmankerl zubereitet. Laut Jochen Schweizer soll auch Essen ein Erlebnis sein.
In der Küche werden Wok-Gerichte und Biergartenschmankerl zubereitet. Laut Jochen Schweizer soll auch Essen ein Erlebnis sein. © Sigi Müller

Zurück zur Wok-Küche. Kam sie gut an?
Und wie. Außerdem habe ich Zeit gewonnen, nach dem Lockdown wieder die europäische Küche hochzufahren und die Biergartenküche im Freien zu bauen. So haben wir die Gastro wieder in Betrieb genommen.

Aber das Kerngeschäft ist ja hier Erlebnis und nicht Gastronomie.
Das ist richtig. Aber auch die muss ein Erlebnis sein. Wer bei uns Spaghetti carbonara isst oder Kambodscha-Gehacktes, der soll nach Hause gehen und sich denken: Wow. Und ich finde, dass wir wirklich bezahlbare Preise dafür haben. Unser Lendensteak vom Josper-Grill ist auch ein wichtiges Gericht. Derzeit mit Spargel und Sauce Hollandaise.

Genuss-Mensch Jochen Schweizer: "Das Leben ist zu kurz für schlechten Wein"

Welche Rolle spielt Genuss in Ihrem Leben?
Ich belohne mich, wenn ich etwas geleistet habe, und genieße in Maßen. Bei mir ist das mit Alkohol so: Ich trinke nicht viel davon. Aber wenn, dann etwas Besonderes. Das Leben ist zu kurz für schlechten Wein. Es gibt Menschen, die wollen immer nur genießen. Das führt zu nichts.

Es gibt Menschen, die wollen nur arbeiten.
Auch nicht gut.

Was können Sie besonders gut genießen?
Wenn ich die Freude und Begeisterung der Leute sehe, die hier in der Arena zu Besuch sind. Ich nutze das alles auch selbst. Das Essen, die Surfwelle, den Windkanal. Alles. Es ist für mich der schönste Arbeitsplatz der Welt, ich bin glücklich. Dabei müsste ich gar nicht mehr arbeiten. Ein Privileg.

Bodyflying wird der Flug mit Helm auf dem Windstrom der Jochen-Schweizer-Arena genannt.
Bodyflying wird der Flug mit Helm auf dem Windstrom der Jochen-Schweizer-Arena genannt. © Sigi Müller

Nun kommt ein Hotel dazu, zur Arena.
Die Bauzäune sind aufgestellt. Im Herbst beginnt der Bau. Bis Frühjahr 2026 ist es hoffentlich fertig.

Wie groß wird es sein?
160 Zimmer. Außerdem bauen wir eine Photovoltaikanlage. Der Nachhaltigkeitsgedanke wird mir immer wichtiger.

Wo wird die gebaut?
Gegenüber der Autobahn. 5,5 Hektar. Dort werden bald 6,25 Gigawattstunden pro Jahr produziert, mehr als doppelt so viel, wie die Arena braucht. Ich investiere dort mehrere Millionen Euro, mit direkter Leitung unter der Autobahn hindurch zur Arena. Nachhaltigkeit ist auch vielen unserer Kunden für ihre Veranstaltungen sehr wichtig.

Wann wird die Anlage denn stehen?
2025. Die Bauteile sind bestellt.

Und auch das Hotel wird irgendwann mit Solarstrom versorgt?
Davon gehe ich aus, ja.

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