Jetzt juckt?s in der Nase
Immer früher, immer länger und immer aggressiver: Pollen haben München im Griff. Warum jetzt schon Heuschnupfen-Zeit ist und vor allem, was man dagegen tun kann erfahren Sie hier.
MÜNCHEN Wer bei Erika von Mutius derzeit einen Termin bekommen möchte, der braucht vor allem eins: viel Geduld. Seit Wochen ist die Sprechstunde der Münchner Allergie- Professorin im Haunerschen Kinderspital ausgebucht: „Den nächsten freien Termin kann ich Wartenden erst in drei Monaten geben.“
Woran das liegt, ist klar: So früh wie nie kämpfen Allergiker derzeit mit tränenden Augen und laufenden Nasen. Vor allem die Birkenpollen sind heuer rund vier Wochen zu früh dran und nerven die Münchner bereits seit Anfang Februar. Aber auch wer gegen Rotbuche, Pappel oder Weide allergisch ist, leidet bereits jetzt. Der Pollenflug hat München fest im Griff.
Auch deshalb hadert Professor Bernhard Przybilla vom neu eröffneten Münchner Allergiezentrum, einem Zusammenschluss der sechs LMU Kliniken, mit der Erderwärmung und dem milden Winter in München: „Die Erhöhung der Temperatur in den Wintermonaten führt zu einer wesentlich früheren Freisetzung der Pollen aus Pflanzen“, erklärt der Leitende Oberarzt der LMU-Klinik für Dermatologie und Allergologie. „Die Leidenszeit für Allergiker beginnt deshalb früher und dauert zudem immer länger.“
Wissenschaftler der Technischen Universität München konnten mittlerweile nachweisen, dass sich die Blütezeit der pollentragenden Pflanzen im Durchschnitt um zehn bis 14 Tagen verlängert hat.
Deshalb befürchten Allergie- Experten schon jetzt das Schlimmste: Bisher saisonal begrenzte Allergien wie Heuschnupfen könnten schon bald zur ganzjährigen Belastungsprobe werden. Ein Albtraum für die Leidtragenden.
Zumal die Belastung immer heftiger wird. Studien zeigen, dass die Pollen ein stärkeres allergisches Potential als noch vor einigen Jahren besitzen: „Es gibt bestimmte Umweltschadstoffe, von denen bekannt ist, dass sie Pollen aggressiver machen und die entzündungsauslösenden Eigenschaften von Pollen an den Atemwegsschleimhäuten erhöhen“, weiß Professor Ludger Klimek vom Zentrum für Rhinologie und Allergologie in Wiesbaden. Vor allem Feinstaub und Dieselrußpartikel zählen dazu.
Das Kuriose: Obwohl jeder dritte Münchner allergisch ist, weiß noch immer rund die Hälfte nichts von seiner Allergie. Lediglich 15 Prozent der allergiekranken Münchner sind in ärztlicher Behandlung, gar nur zehn Prozent werden von einem Allergologen intensiv behandelt. Allergie-Experte Bernhard Przybilla erklärt in der AZ, was Leidtragende vor, während und nach dem Pollenflug tun können . . .
Daniel Aschoff
Weitere Hilfe gibt’s beim Allergiezentrum unter & 089/5160-6160
Was gegen Pollen wirklich hilft
Vor dem Pollenflug n Wem die Pollen derzeit noch nicht zu schaffen machen, sollte jetzt vorbeugend zu einer vier- bis sechswöchigen Cortisonbehandlung in Form eines Nasensprays greifen.
Mit der Allergen-spezifische Immuntherapie kann innerhalb von vier Wochen eine Umstimmung des Immunsystems erfolgen. Vier Spritzen werden dazu in einer Kurzzeittherapie verabreicht.
Während des Pollenflugs Am besten ist es, während der Zeit des stärksten Pollenflugs in den Urlaub zu fahren. Meer und Hochgebirge sind nahezu pollenfreie Zonen.
Bei wem das nicht möglich ist, sollte zu Hause zumindest nicht die Straßenkleidung tragen, um die Pollen nicht in die Wohnung zu lassen.
Außerdem sollte man an sonnigen, windreichen Tagen den Aufenthalt im Freien meiden.
Weiterer Tipp: Waschen Sie sich vorm Schlafengehen die Haare, damit Sie die Pollen nicht die ganze Nacht auf dem Kissen haben und permanent einatmen.
Lassen Sie Ihre Fenster bei starkem Pollenaufkommen geschlossen. Zwischen drei Uhr nachts und neun Uhr morgens ist der Pollenflug am schlimmsten.
Hängen Sie Ihre nasse Wäsche zum Trocknen nicht ins Freie. Das gilt vor allem für die Bettwäsche.
Als Akut-Hilfe kommen Antihistaminika in Form von Tabletten, Nasen- und Augentropfen oder Sprays in Frage.
Bei akuten Allergie-Anfällen ist es tatsächlich ratsam, Atemschutzmasken zu tragen.
Nach dem Pollenflug Spätestens im Herbst sollten Betroffene einen Allergietest machen.
Dann ist auch der richtige Zeitpunkt für eine Hyposensibilisierung. Dabei werden die auslösenden Pollen dem Allergiker in steigenden Dosen gespritzt – der Körper wird immun. Vor allem bei Insektenallergien liegt die Erfolgsquote bei über 90 Prozent. DA
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