Jetzt geht es um das Geld der Terroristen

Im NSU-Prozess wird jetzt ein neuer Tatkomplex ausgeleuchtet. Das Gericht will die Banküberfälle des "Nationalsozialistischen Untergrunds" untersuchen.
von  dpa
Die Angeklagte Beate Zschäpe (2.v.r.) steht im Gerichtssaal in München zwischen ihren Anwälten Wolfgang Stahl (l), Anja Sturm (2.v.l.) und Wolfgang Heer (r).
Die Angeklagte Beate Zschäpe (2.v.r.) steht im Gerichtssaal in München zwischen ihren Anwälten Wolfgang Stahl (l), Anja Sturm (2.v.l.) und Wolfgang Heer (r). © dpa

München – Erstmals geht es um die 15 Raubüberfälle auf Banken und einen Supermarkt, die den rechtsextremen Terroristen zugeschrieben werden. Bisher spielten sie in dem seit bald zwei Jahren dauernden Verfahren nur am Rande eine Rolle.

Ins Visier gerät damit neben der Hauptangeklagten Beate Zschäpe auch der wegen Beihilfe angeklagte André E. Er soll für einen der Überfälle ein Wohnmobil als Fluchtfahrzeug angemietet haben.

Zschäpe hat nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft die Überfälle "im bewussten und gewollten Zusammenwirken" mit ihren beiden mutmaßlichen Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt begangen. Sie sei zwar nicht selber vor Ort gewesen, habe aber die "Reisebewegungen ihrer Komplizen" nach außen getarnt und die Beute verwaltet. Das Geld habe die Gruppe für den Lebensunterhalt und die Planung und Ausführung ihrer Serie von zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen gebraucht, heißt es in der Anklage.

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Mundlos und Böhnhardt sollen bei den Überfällen ausgesprochen brutal vorgegangen sein. In allen Fällen sollen sie mit Waffen gedroht und mehrmals auf Angestellte eingeschlagen haben. Zwei Mal waren sie trotz massiver Drohungen dennoch nicht erfolgreich und mussten ohne Beute abziehen. Bei einer dieser missglückten Taten schossen sie den Ermittlungen zufolge einem Angestellten in den Bauch und verletzten ihn schwer. Nach einem anderen Überfall versuchte ein Jugendlicher, die Täter zu verfolgen, ließ sie aber ziehen, nachdem sie gezielt auf ihn schossen.

Die größte Beute machte der "Nationalsozialistische Untergrund" bei gleich zwei Überfällen auf eine Sparkassenfiliale in Stralsund (Mecklenburg-Vorpommern). Beim ersten Mal entkamen die Täter im November 2006 mit 84 995 Euro, beim zweiten Mal ein gutes Jahr später sogar mit knapp 170 000 Euro. Unter den Zeugen, die das Gericht in den kommenden Tagen befragen will, sind zwei Frauen, die in der Filiale arbeiteten und beide Überfälle miterlebten.

<strong>Lesen Sie hier das Dossier zum Münchner NSU-Prozess um Beate Zschäpe</strong>

Der Verbleib der Beute ist bis heute nicht restlos geklärt. Zusammengerechnet sollen die Terroristen in den Jahren 1998 bis 2011 rund 610 000 Euro geraubt haben. Nach einer Berechnung des Bundeskriminalamtes hat das Trio aber eher sparsam gelebt und nur gut die Hälfte davon ausgegeben. Nach dem Auffliegen des NSU fanden die Ermittler noch 114 000 Euro, wobei sich der überwiegende Teil davon – 112 000 Euro – im ausgebrannten Wohnmobil von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt befand. Was mit dem Rest passierte, rund 150 000 Euro, ist dagegen ungeklärt.

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