Jahrzehntelang eine Star-Reporterin

Seit 1953 hat sie für die AZ geschrieben. Jetzt ist Lotte Holetz im Alter von 88 Jahren verstorben
München - Es war einer dieser sehr erfreulichen Anrufe, und er liegt noch gar nicht lang zurück.
Lotte Holetz meldete sich also morgens in der Redaktion. Sie wolle nur bloß kurz ein Lob durchgeben für die Schlagzeile, mit der die AZ die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten intoniert hatte. „Eine richtig schöne Zeile in alter AZ-Tradition ist das“, sagte sie.
Das löste Freude in der Redaktion aus. Denn wer wusste schon mehr über gepflegte AZ-Traditionen als Lotte Holetz?
Bereits 1953 hat sie für die Abendzeitung geschrieben. Im Feuilleton anfangs, etwa auf der Filmseite. Sie hatte ein Faible für die Schauspielwelt. Und für die Stars (auch die „Stars in der Manege“).
Als Elvis nach München kam
Unvergessen etwa ist ihre Titelgeschichte vom 4. März 1959. „Elvis Presley in München“, stand damals auf Seite 1. „Als Fremdenführerin hatte sich Elvis Vera Tschechowa mitgebracht”, berichtete Lotte Holetz. Und beschrieb, wie der King of Rock’n’Roll damals in der Kantine des Bavaria-Filmgeländes aß.
Zu vielen Prominenten pflegte sie ein engeres Verhältnis als zu Elvis. Manche Protagonisten der „Kleinen Komödie“, die später Komödie im Bayerischen Hof heißen sollte, wurden ihr zu Freunden.
Als Klatschkolumnist Michael Graeter die Abendzeitung 1985 verließ, übernahm sie das Leute-Ressort, zusammen mit Marie Waldburg – im sechsten Stock in der Sendlinger Straße 10, wenn man die Wirtschaftsredaktion passiert hatte.
Und später in der dritten Etage. Dort, wo die Rohrpost endete: Der Balkon vor diesem Stockwerk ist übrigens noch erhalten; man sieht ihn, wenn man in der heutigen Hofstatt im kleinen Innenhof nach oben blickt (damals freilich wurde der Balkon selten genutzt – die Redakteure rauchten noch unverdrossen drinnen in den Büros).
Ebendort ging Lotte Holetz damals in den sogenannten Ruhestand, der allerdings keiner war.
Sie schickte Texte per Mail – auch wenn es ihr misshagte
Sie schrieb fleißig weiter für ihre AZ und schickte aus Gauting, wo sie wohnte, die Texte per Mail, auch wenn ihr diese Technik bis zuletzt nicht recht behagen wollte. In diesem Jahr etwa würdigte sie Sonja Ziemann, als die Schauspielerin ihren 90. Geburtstag feierte, auf einer ganzen AZ-Seite.
Oft und gern schrieb Lotte Holetz über ihren geliebten Labrador Poldi (der manchmal so ungern folgte). Oder sie rief an, wenn es Neues gab von Ellen Schwiers, ihrem Schauspielkollegen Christian Wolff oder einer anderen Showgröße. Und manchmal eben einfach dann, wenn ihr die Schlagzeile ihrer AZ am Morgen besonders gefallen hatte.
Diese Anrufe werden uns fehlen in der Abendzeitung. Lotte Holetz ist – daheim in Gauting – gestorben. Sie wurde 88 Jahre alt.
Ihr Poldi lebt jetzt bei einer Freundin.