Jahreskarte statt Führerschein? Da ist noch ein Haken

Die Sperrzeit vor 9 Uhr beim Seniorenticket kommt viele arme Rentner teuer, beklagt Seniorenbeirats-Chefin Ingeborg Staudenmeyer – und kämpft um eine Änderung der Regel.
von  Irene Kleber
Auf ihren Führerschein kann Uschi Maini verzichten – unter einer Bedingung.
Auf ihren Führerschein kann Uschi Maini verzichten – unter einer Bedingung. © Daniel von Loeper

München - Es schaut nicht gut aus für die 82-Jährige Ursula Maini – die Münchner Rentnerin, die am Freitag in der AZ verkündet hat: Ich gebe meinen Führerschein ab – wenn ich im Tausch dafür ein Jahr kostenlos mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren darf."

Aber die Münchner Verkehrsgesellschaft mag sich auf so ein Tauschgeschäft nicht einlassen – ein MVV-Jahres-Seniorenticket, die "Isarcard60", kostet immerhin 441 Euro. Und die Stadt mag die Kosten auch nicht übernehmen.

"Die Verkehrsbetriebe mauern generell"

Wen diese Antwort kein bisschen wundert, ist Münchens streitbare Senioren-Beiratschefin Ingeborg Staudenmeyer (69): "Die Verkehrsbetriebe mauern generell, wenn es um die Belange der älteren Münchner geht", ärgert sie sich.

Seit Jahren kämpft sie für ein Thema, das viele der 320.000 Münchner Senioren betrifft: Die Aufhebung der morgendlichen Sperrzeit für das MVV-Seniorenticket.

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Die IsarCard60 gilt morgens nämlich erst ab 9 Uhr. Wer früher U-Bahn, S-Bahn, Bus oder Tram fahren muss, muss also zusätzlich eine Streifenkarte kaufen und einen Streifen stempeln. "Es müssen aber gerade alte Menschen häufig morgens schon um 8 Uhr nüchtern zum Arzt", sagt Staudenmeyer. "Oft stehen auch Behördengänge an, wo man besser früh da ist, um nicht lange in der Schlange stehen zu müssen."

Auf ihrem Schreibtisch in der Burgstraße 4 neben dem Rathaus, wo der Seniorenbeirat seinen Sitz hat, türmen sich Beschwerden von Münchner Alten, die mit Mini-Renten auskommen müssen. "Gerade für die ist die Sperrzeit vor 9 Uhr eine unerträgliche Zumutung – das Stempeln geht einfach sehr ins Geld", findet die Seniorenbeirats-Chefin.

Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen         

Zuletzt war das Thema Anfang Juli im Wirtschaftsausschuss des Stadtrats auf dem Tisch. Ergebnis: negativ. MVG, Bahn, Landkreise und Stadt (die alle mitentscheiden über die Preisgestaltung), lehnen eine Aufhebung der Sperrzeit ab. Argument: Das Seniorenticket sei schon vergünstigt – und zwar gerade weil es für die Hauptverkehrszeit morgens nicht gültig ist.

Allerdings bastelt der MVV schon an der nächsten "Tarifstrukturreform". "Da werden die Tarife für Senioren noch mal Thema sein", heißt es bei der MVG. Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen.    

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