Jagd auf die Radl-Rambos

Aktueller Anlass ist eine neue Umfrage, die
München - Aggressiv, rüpelhaft, rücksichtslos: Der Ruf der Münchner Stadtradler ist miserabel. Und dieser Ruf wird jetzt noch einmal untermauert – mit einer Umfrage der Prüforganisation Dekra. Die hat bundesweit den natürlichen Feind der Radler befragt: die Autofahrer.
Schlechtes Zeugnis für alle, die in die Pedale treten: 77 Prozent der 1600 Befragten sind genervt von rücksichtslosen Radl-Rambos in der City. Nicht einmal jeder Fünfte glaubt, dass sich die Radfahrer auch nur im geringsten an die Regeln halten. Und 44 Prozent behaupten, auch Fußgänger würden durch Radler öfter in Gefahr gebracht.
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) reagiert prompt auf die, wie er sagt „erschütternde Umfrage“ – und fordert die Länder zu mehr Verkehrskontrollen auf.
Mit den Radfahrern geht der CSU-Politiker ungewohnt hart ins Gericht: „Offensichtlich müssen viele lernen, dass sie nicht Robin Hoods auf der Straße sind“, sagte Ramsauer der „Saarbrücker Zeitung“. Und weiter: „Es darf sich unter den Fahrradfahrern keine Ich-darf-das-Mentalität“ einschleichen.
Der Minister verspricht, bundesweit 100 Millionen Euro pro Jahr in den Ausbau der Radwege zu investieren. Sowie 12,7 Millionen in Radlverleihsysteme. So werde das Fahrrad nun Teil des öffentlichen Personennahverkehrs: „Die Mitnahme des Drahtesels in überfüllten U- und S-Bahnen entfällt, ebenso der Fußmarsch von der Haltestelle bis zum Ziel.“ Der ADAC begrüßt die Forderungen nach stärkeren Kontrollen für Radl-Rambos. Bei der Münchner Polizei verweist man darauf, bereits 2010 mit „verschärften“ Sicherheitskontrollen auf Radl-Rambos reagiert zu haben. Seither seien die Verkehrsunfälle, an den Radfahrer beteiligt waren, gesunken, betont Johann Gschoßmann, Leiter der Verkehrsabteilung im Polizeipräsidium.
Die häufigsten Delikte 2010 in München: 2548 Fahrradfahrer telefonierten mit dem Handy. Zum Vergleich: Bei den Autofahrern waren es 24101.
5327 Radler fuhren bei Rot über die Ampel (bei 16899 Rotlichtverstößen aller Verkehrsteilnehmer). Genau 10225 Radler fuhren 2010 auf der falschen Seite oder entgegen der Fahrtrichtung.
Fahrradverbände warnen dennoch, jetzt nicht wahllos auf die Radfahrer einzuprügeln: „Es bringt nichts, Emotionen zu schüren und die Verkehrsteilnehmer gegeneinander auszuspielen“, sagt ADFC-Sprecherin Traudl Schröder in München.
Erlebt (1): Radl-Krieg am Biergarten
Am Wochenende, Radl-parkplatz Menterschwaige. Alles ist entspannt, auf einmal ein Schrei: Ein Radfahrer in voller Kampfmontur kracht mit Höchsttempo in einen kleinen Buben samt Fahrrad und stürzt über ihn drüber. Der Bub weint, sein Vater tröstet ihn, der erste Gedanke der meisten Menschen wäre wohl, dass hoffentlich nichts Schlimmes passiert ist. Anders der Kampfradler: Ob die Eltern heutzutage gar nicht mehr auf ihre Kinder aufpassen, schimpft er. Und rast weiter.
Erlebt (2): Gelten Ampeln auch für Radler?
An der Arnulf- und Seidlstraße stehen eigentlich genug Ampeln. Die gelten auch für Radfahrer, ja doch, kein Witz. Hier passiert es trotzdem gefühlt dreimal die Woche, dass ich bei Grün den Fußgängerüberweg betrete – und zack, schießt im letzten Moment ein Radler aus der Paul-Heyse-Unterführung. Der schaut dann immer ganz erschrocken und brüllt irgendwas Unverständliches, was mir einfalle, bei Grün drüberzugehen oder so was. Ich sag’s ja: Da draußen herrscht Krieg.