Ist diese alte Villa ein Denkmal?

Trotz mehrerer Gerichtsurteile weigern sich die Behörden, den Abriss zu genehmigen. Auf die Stadt kommt deshalb eine Schadenersatzklage in Millionenhöhe zu.
von  Florian Zick

Trotz mehrerer Gerichtsurteile weigern sich die Behörden, den Abriss zu genehmigen. Auf die Stadt kommt deshalb eine Schadenersatzklage in Millionenhöhe zu.

Alt ist diese Walmdachvilla im Herzogpark zweifelsohne. 1923 vom Architekten Joseph Kaiser erbaut, weinumrankt und umgeben von üppigem Grün. Aber ist sie auch ein Baudenkmal?

Stefan Höglmaier, Gründer und Geschäftsführer des Immobilienentwicklers Euroboden, ist sich da absolut sicher: Nein, ist sie nicht. Mittlerweile vier Gerichtsgutachten würden das eindeutig belegen. Andernfalls hätte die Euroboden GmbH die Villa vor gut zwei Jahren wohl auch gar nicht erst gekauft.

Das Landesamt für Denkmalschutz ist da mittlerweile anderer Ansicht. Unter dem neuen Generalkonservator Mathias Pfeil hält die Behörde die Villa in der Kolbergerstraße 5 wieder für schützenswert – was unter Pfeils Vorgänger Egon Greipl schon mal anders war.
Ein ziemliches Durcheinander also. Sogar an der Spitze des Landesamtes ist man sich offenbar nicht einig, wie die zweigeschossige Villa zu bewerten ist. Alleine das zeigt bereits, wie wirr diese ganze Geschichte ist.

Los ging alles 2012. Da hatte sich die Euroboden von Bayerns obersten Denkmalschützern bestätigen lassen, dass die Villa ihren Denkmalstatus durch zahlreiche Umbauten verloren hat. Euroboden wollte die Villa abreißen und mit einem Neubau ersetzen – allerdings nicht mit irgendeinem: Der Entwurf für den geplanten Neubau stammt vom Stararchitekten David Chipperfield. Die Stadt München verwehrte dem Abriss bislang aber stets die Genehmigung.

Am Verwaltungsgericht sind mittlerweile drei Verfahren anhängig. Das Ergebnis war immer dasselbe: Die Villa ist kein Denkmal.

Zuletzt bestätigte der als Schlichter eingesetzte Gerichtsgutachter Helmut Behrens aus Kiel, dass die „bestenfalls mittelmäßige Architektur“ der Villa kulturgeschichtlich irrelevant sei. Durch vielfache Umbauten vor allem im Inneren habe sich „die denkmalfachliche Bedeutung gegen Null reduziert“. Es wäre deshalb „skurril“, der Villa einen besonderen Denkmalwert beizumessen, urteilte Behrens. Anerkannt hat die Stadt das Urteil trotzdem nicht.

Der Euroboden-Geschäftsführer Stefan Höglmaier findet den Fall skandalös. Durch die Blockadehaltung der Behörden sei ihm mittlerweile ein Schaden in Höhe von etwa fünf Millionen Euro entstanden. Als Kompromiss ließ Euroboden den mit mehreren Denkmalschutzpreisen ausgezeichneten Architekten Peter Haimerl sogar einen Entwurf fertigen, der die Villa erhalten und mit zwei seitlichen Neubauten kombiniert hätte – auch das allerdings vergebens.

Dass es überhaupt zu so einem Wirrwarr bei der Bewertung der Villa bekommen ist, rechnet Höglmaier dem Engagement von Nachbarn zu, die 2013 die Bürgerinitiative „Kulturgut Herzogpark“ gegründet hatten. Dieser Bürgerinitiative war es im Sommer vergangenen Jahres gelungen, so viel Druck auf den Landtag zu erzeugen, dass die Villa in der Kolbergerstraße wieder auf die Denkmalliste gesetzt wurde. Dass da gerade Landtagswahlkampf war, mag womöglich erklären, warum die Bürgerinitiative von der Politik so prompte Unterstützung bekam.

Der Haimerl-Entwurf ist nun mittlerweile vom Tisch. Da die Denkmalfrage mittlerweile eindeutig geklärt sei, „ist eine architektonische Auseinandersetzung mit dem alten Haus nicht mehr geboten“, so Höglmaier. Stattdessen will die Euroboden nun das Baurecht durchsetzen, das auf dem Grundstück besteht.

Der aus dem Jahr 1920 stammende Mantellinienplan für den Herzogpark besagt, dass an der Adresse Kolbergerstraße 5 ein genauso hohes Haus wie auf den angrenzenden Grundstücken gebaut werden darf – und da stehen überall fünfgeschossige Bauten.

Nun ist eine erneute Aussprache vor Gericht geplant, bis dahin will sich das Landesamt für Denkmalschutz nicht äußern. Auch die Stadt will erst danach entscheiden, ob sie noch einmal in Berufung geht. Laut Höglmaier erhöht sich der Schaden mit jedem Monat um etwa 100 000 Euro. Das Geld will sich Euroboden von der Stadt zurückholen – notfalls auch per Klage. Ein Termin für die Aussprache steht indes noch nicht fest, aber eines ist bereits sicher: In diesem Jahr wird es damit nichts mehr.

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