Ist die SPD zu abgehoben? Ude nennt andere Partei als Grund für schlechtestes Wahlergebnis der SPD

Bitterer Wahlabend: Wie ernüchtert die Münchner SPD auf die ersten Ergebnisse reagiert.
von  Julia Wohlgeschaffen, Felix Müller
Münchens Alt-OB Christian Ude. (Archivbild)
Münchens Alt-OB Christian Ude. (Archivbild) © Schneider-Press/W. Breiteneicher

München - Miese Stimmung am Wahlabend bei den Genossen der Münchner SPD. Der Abwärtstrend geht weiter, ein Raunen geht durchs Oberangertheater, manche schlagen die Hände über dem Kopf zusammen, als um 18 Uhr die ersten bayerischen Zahlen auftauchen.

Lange Gesichter: Anhänger der SPD bei der Münchner Wahlparty.
Lange Gesichter: Anhänger der SPD bei der Münchner Wahlparty. © Daniel Karmann/dpa

OB Reiter: Können "nicht einfach zur Tagesordnung" übergehen

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) taucht gar nicht erst auf. Auf AZ-Anfrage lässt er aber mitteilen: "Das Ergebnis ist leider noch schlechter als befürchtet, und da gibt's auch nichts schönzureden: Das ist wieder ein sehr bitterer Wahlabend für die Bayern SPD."

Erneut sei es "offenbar nicht gelungen, die politischen Themen, die die Menschen in Bayern wirklich bewegen, anzusprechen und sie davon zu überzeugen, dass die SPD die richtigen Lösungen anbietet." Reiter wird einerseits recht deutlich, wenn er sagt, er gehe davon aus, dass nach diesem Ergebnis "nicht einfach zur Tagesordnung übergegangen werden kann".

Andererseits lässt er auch Raum zu Spekulationen, ob das nun eine Rücktrittsforderung an Florian von Brunn ist, weil er nicht benennt, was denn genau die Konsequenzen sein sollen. Viele helfen sich mit dem Verweisen auf den Bundestrend – wie der Stadtrat und Landtagskandidat Lars Mentrup, der im Oberangertheater sagt: "So hatten wir keine Chance."

Köning: Warum hat erfolgreiche Arbeit in München keine größere Rolle gespielt?

Der junge Christian Köning, Stadtrat, München-SPD-Chef und einer der wenigen Nachwuchshoffnungen der Partei in der Stadt, sagt: "Es ist ein bitterer Abend." Mit dem Ergebnis könne niemand zufrieden sein. Es sei nicht gelungen, damit durchzudringen, dass die SPD "die prägende und gestaltende Kraft im Münchner Rathaus" sei. Bei Köning scheint am Wahlabend auch Kritik an der gesamtbayerischen Wahlkampf-Strategie durch. Er sagt, es müsse analysiert werden, warum "die erfolgreiche Arbeit in München nicht eine größere Rolle gespielt hat".

Ernüchtert klingt auch Bürgermeisterin Verena Dietl. "Das ist kein erfreuliches Ergebnis", sagt sie. "Das kann man nicht schönreden." Es sei nicht gelungen, "die Themen an die Menschen heranzutragen". In München sei es aber schon anders gewesen, hier bekomme man positive Rückmeldung auf die SPD-Politik.

Als Dietl das sagt, klingt es noch ein wenig nach trotziger Hoffnung. Lang müssen die Genossen warten, bis Zahlen zu München vorliegen. Dann ist es soweit. Und wenigstens die Hoffnung bestätigt sich: Ein kleines bisserl über dem Bayern-Schnitt liegt man in der Stadt.

Schlechtes SPD-Ergebnis in München: Alt-OB Christian Ude sieht Grüne als Grund

Alt-OB Christian Ude erklärt den Niedergang der SPD gerne damit, dass man zu abgehoben sei, sich von der Sprache und den Problemen der alten Stammwähler entfernt habe.

Aber kann man den Niedergang wirklich so vereinfachen? In München, wo die Grünen mit ihrem akademischen Ansatz inzwischen so stark sind? "Selbstverständlich gibt es das Publikum dafür in München", sagte Ude am Sonntagabend im Gespräch mit der AZ. "Und das erreichen die Grünen."

Ude: "Das Letzte, was wir jetzt brauchen, ist noch ein personelles Gemetzel"

Das Hauptproblem der SPD sei trotzdem, dass sie ihre eigenen alten Stammwähler nicht mehr erreiche. Ude schimpft, die SPD gebe sich seit 2018 einfach mit "den halben Ergebnissen" von früher zufrieden.

Einfach zur Tagesordnung übergehen dürfe die Partei nun nicht. Also eine Rücktrittsforderung an Spitzenkandidat Florian von Brunn? Nein, so will Ude das auf keinen Fall verstanden wissen. "Das Letzte, was wir jetzt brauchen, ist noch ein personelles Gemetzel", sagte Ude, der den Wahlabend daheim in seiner Schwabinger Wohnung verfolgte.

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