Isar-Müll: Der Kampf geht weiter

München - Friedlich fließt das grünliche Wasser dahin, in der Nase kitzelt fein der leicht würzige Duft von Gräsern und Sommerblumen. Unten am Ufer hockt eine junge Frau ganz allein und spielt versunken auf ihrer Gitarre. Ein Stückerl weiter im Gras breiten die Sonnenanbeter ihre Handtücher aus. Mei, so a schena Tag in der Natur – mitten in der Stadt.
Etwas weiter den Schotterweg am Thalkirchner Isarufer runter liegt der alte Baggerhafen. Und plötzlich ist sie gestört diese Sommeridylle, von einem süßlich-ekligen Geruch. Der kommt von 40 Kubikmetern Müll, die hier in der prallen Sonne vor sich hinstinken und zeigen, was an einem einzigen schönen Wochenende von Dreckbären an der Isar hinterlassen wird. Pizzakartons, zerbrochene Flaschen, Grillkohletüten, kaputte Campingstühle und Pappbecher mit fröhlich grinsenden Smileys – zum Lachen ist das alles nicht.
"Pfui Deifi!" Lesen Sie hier den AZ-Kommentar zum Thema
"Absolut rücksichtsloses und hirnloses Verhalten"
Das Baureferat hat hier am Montag eine neue Kampagne gegen die Vermüllung an der Isar vorgestellt. Drei Monate nach dem Beschluss des Stadtrates, mit einer neuen Strategie gegen das Problem Isarmüll vorzugehen, steht die Öffentlichkeitskampagne "Wahre Liebe ist...". Mit 773 Plakatwänden, Videoclips im Fahrgastfernsehen, Plakaten an 53 Litfaßsäulen und sogar mit Rikschafahrern, die Leute direkt ansprechen, will die Stadt möglichst viele Menschen erreichen. Auf charmante Art, nicht mit Verboten und Auf-die-Finger-Hauen.
Isar-Müll: OB droht mit Müllabfuhr-Boykott
Scharfe Worte findet OB Dieter Reiter aber trotzdem für diejenigen, die ihren Dreck einfach liegenlassen: "Dieses Verhalten ist rücksichtlos und absolut hirnlos und ich werde das sicher nicht akzeptieren." Mit den renaturierten Isarauen haben man ein wertvolles Kleinod geschaffen. "Das muss nicht sein, dass man das gleich wieder zerstört."
Beim Kampagnenauftakt neben dem Müllberg ist auch die Klasse 4d der Grundschule am Agilolfingerplatz dabei. Sie haben die großen braunen Papiertüten, die auch Bestandteil der Kampagne sind, bei einer vormittäglichen Saubermachaktion mit allerlei Hinterlassenschaften gefüllt – und sind sichtlich erschüttert. Sonst eher schüchterne Interviewpartner drängen sich die Buben und Mädchen darum, ihre Meinung zu sagen.
"Der Müll gehört in die Mülltonnen – dafür sind die schließlich da"
Der neunjährige Sam hat Whiskeyflaschen, Kronkorken, Papierl und Haargummis gefunden und sagt: "Ich finde, das ist eine Unverschämtheit! Die Leute sollen ihren Müll einfach wieder mitnehmen." Die zehnjährige Maria findet: "Ich bin entsetzt, wie viele Zigarettenstummel ich hier gefunden habe." "Ich finde es schade und es ist widerlich", findet Laura, ebenfalls 10, deutliche Worte. Und Annika und Cecilia (beide 10) weisen darauf hin: "Die Leute sollen ihren Müll gefälligst in die Mülleimer werfen, dafür sind die da." Die zehnjährige Tereza hat sogar ohne die Initiative der Schule schon manchmal sauber gemacht: "Ich bin oft an der Isar und hab mir immer wieder am Müll wehgetan. Ich sammle manchmal die Pfandflaschen ein und räume Müll in die Mülleimer", erzählt sie.
Vom OB gibt’s Lob für die Aktion der 4d: "Kinder können Vorbilder sein. Von den Leuten erwarte ich ja nicht mal, dass sie fremden Müll einsammeln – aber wenigstens nicht selbst welchen hinterlassen."
Wenn die Stadt nicht aufräumt, trifft es am Ende die Falschen
Die Verantwortung der Stadt sieht Reiter darin, die richtigen Voraussetzungen zu schaffen, damit auch der letzte Saubär die Müllbox findet. Beleuchtet sind die 89 Gitterboxen inzwischen, mit Solarlampen. Hinzu kommen 29 mobile Toiletten, 17 Grill-Asche-Behälter, 13 Spender für Hunde-Sackerl, außerdem Kontrollen und Reinigungspersonal. 2015 hat das Saubermachen die Stadt 250.000 Euro gekostet.
Ideen der AZ-Leser - Abfall-Plage an der Isar: "Wer müllt, muss zahlen"
Wäre es eine erzieherische Maßnahme, einfach mal ein Wochenende lang nicht aufzuräumen? Damit die Konsequenzen sichtbar werden? Dazu wollte sich die Stadt, auch als letztes Jahr die Diskussionen hochkochten, nicht durchringen. Denn am Ende, so der Einwand, träfe es die Falschen. All jene nämlich, die durchaus imstande wären, ihre Bierflaschen mitzunehmen und grillsoßenverschmierte Pappteller in die Mülleimer zu befördern. Diejenigen, die am Montagmorgen wieder in Ruhe joggen gehen wollen.
Denn die Mehrheit der Münchner weiß um den Wert ihrer grünen Isarauen, wo man am Ufer Gitarre spielen und sich sonnen kann und wo’s nach Sommerblumen und Feierabendradler riecht.