Isar-Drama: Das Leid der Familie: Ein heller Stern am Himmel

Karl D. wollte seinen zweijährigen Sohn aus der Isar retten und ertrank. Jetzt muss seine Frau Fabricia mit ihrer kleinen Tochter (5), dem Sohn (2) und einem wenige Tage alten Baby alleine zurechtkommen
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Fabricia D. mit ihrem Sohn Kristian. Sie stand hochschwanger am Ufer, als Kristians Vater in der Isar ertrank.
abendzeitung Fabricia D. mit ihrem Sohn Kristian. Sie stand hochschwanger am Ufer, als Kristians Vater in der Isar ertrank.

Karl D. wollte seinen zweijährigen Sohn aus der Isar retten und ertrank. Jetzt muss seine Frau Fabricia mit ihrer kleinen Tochter (5), dem Sohn (2) und einem wenige Tage alten Baby alleine zurechtkommen

MÜNCHEN Ganz friedlich liegt der kleine Kristian im Arm seiner Mutter. Das Baby schläft tief. Das feine Gesicht, seine helle Haut und die blauen Augen – „er sieht seinem Vater sehr ähnlich“, sagt Fabricia D. (35) und streichelt ihrem Sohn zärtlich über die Wange. Ihre Augen sind traurig. Kristian wird seinen Vater nie kennen lernen.

Baby Kristian ist der Sohn von Karl D. (42), der am 6. Juni in die Isar sprang, um seinen anderen, zweijährigen Sohn Kevin zu retten. Während Kevin von einem mutigen Helfer geborgen werden konnte, geriet der Vater in eine Wasserwalze und ertrank (AZ berichtete). Am Ufer standen die hochschwangere Fabricia und die älteste Tochter Karoline (5). Sie mussten hilflos mit ansehen, wie der Mann und Vater starb.

„Vielleicht hat er es auch deshalb nicht geschafft aus dem Wasser zu kommen, weil er gesundheitlich angeschlagen war“, sagt die gebürtige Brasilianerin. 2007, auch damals war sie schwanger, stürzte er von einem Gerüst und brach sich zwei Lendenwirbel. Karl D. hatte Metallplatten im Rücken.

Zwei Wochen nach der Tragödie in der Isar, am 18. Juni, um 23.57 Uhr, kam Kristian auf die Welt. Die Geburt musste vorzeitig eingeleitet werden, da Fabricia - auch wegen des furchtbaren Schicksalsschlags - unter zu hohem Blutdruck litt. „Der Karli wollte bei der Geburt dabei sein. Er war auch bei den beiden anderen dabei“, erzählt seine Frau. Wiederum zwei Wochen nach Kristians Geburt wurde Karl D. beerdigt. Die Urnenbestattung fand im engsten Kreis statt.

„Karli hat sein Leben gegeben für die Familie - für die Kinder“, sagt seine Frau. „Er war so ein guter Vater.“ Die 35-Jährige zeigt auf ein Spielzeug-Parkhaus in einer Ecke des Wohnzimmers: „Da saß er immer, wenn er von der Arbeit kam, und spielte mit den Kindern.“ Karoline und Kevin warteten dort meist schon auf ihren Vater. „Wenn sie ihn im Treppenhaus mit dem Schlüssel klimpern hörten, rannten sie ihm entgegen ’der Papa, der Papa’“, erinnert sich Fabricia D.

Karl D. kam aber auch oft spät nach Hause. 2003 war er arbeitslos geworden, nachdem sein Chef die Firma wegen eines Herzinfarkts zusperren musste. Karl D. gründete eine eigene kleine Firma für Holz- und Bautenschutz und stellte einen Mitarbeiter ein. „Er war wahnsinnig fleißig, aber es war ein hartes Geschäft, im Winter war Flaute“, berichtet eine Freundin der Familie. Trotzdem schaffte er es, einen Schuldenberg von 20000 Euro auf jetzt 1000 Euro zu reduzieren. Doch seine Familie zu versichern, eine Lebensversicherung abzuschließen - dafür reichte das Geld nicht.

Fabricia D. lebt nun mit den drei Kindern vom Kindergeld und einer kleinen Rente ihres verstorbenen Mannes. „Es reicht gerade für die Grundversorgung“, sagt eine Freundin, die sie in finanziellen Dingen berät. Karl D.s berufliches Lebenswerk, die Firma, muss seine Witwe nun auflösen. Zu der Trauer um ihren Mann kommen finanzielle Sorgen.

Vor den Kindern versucht Fabricia D. nicht zu weinen. Sie möchte Karoline und Kevin Halt geben in dieser schwierigen Zeit - dabei braucht sie ihn selbst. „Sie war zu hundert Prozent abhängig von ihm. Ihr Mann hat alles für sie gemacht“, sagt die Freundin.

Einmal musste sich die Mutter doch eine Träne aus den Augen wischen vor Kevin. „Was hast du Mama?“, fragte er. Sie schwindelte: „Ich hab’ was im Auge“. Der knapp Dreijährige antwortete: „Der Papa ist im Himmel.“

Kevin ist ein stilles Kind geworden seit dem Unglückstag, berichtet Fabricias Freundin. Als sie den Bub fragte, wie es ihm geht, schüttelte er nur den Kopf. „Er wollte nicht darüber reden.“ Auch Karoline, die Große, ist stiller geworden. Der Sozialdienst der katholischen Frauen versucht derzeit eine psychologische Begleitung für die Kinder zu organisieren. Fabricia D. hat ihrer Tochter erzählt, dass ihr Vater ein großer Stern ist, der heller blinkt als die anderen. Vor ein paar Tagen sagte Karoline zu ihrer Mutter: „Ich habe mit dem Stern gesprochen. Er hat nicht geblinkt und er hat auch nichts gesagt.“ Nina Job

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Die Abendzeitung möchte der Witwe von Karl D. und ihren Kindern schnell und unbürokratisch helfen. Dafür hat die AZ ein Konto eingerichtet. Wir bitten um Verständnis, dass wir keine Spendenquittungen ausstellen können. Sie können überweisen an:

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Betreff: Karl D.

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