Isar-Boulevard? München setzt auf Autos

Die Verwaltung hat geprüft, ob am Ufer mehr Raum für Fußgänger geschaffen werden kann – und will keine Autospuren wegnehmen. Der Stadtrat ist uneins.
von  Felix Müller
Platzt der Traum vom Autofreien Isar-Boulevard?
Platzt der Traum vom Autofreien Isar-Boulevard? © Peter Kneffel/dpa

München - Benjamin David hat einen Traum: ein autofreies Isarufer. Nur vereinzelter Anliefer- und Anwohnerverkehr, ansonsten auf der linken Isarseite ganz, ganz viel Platz für Fußgänger. Radler, spielende Kinder. Von ganz im Norden an der Kennedybrücke bis weit im Süden an der Brudermühlbrücke stellt sich David, der bei den Urbanauten und beim Verein Isarlust aktiv ist, seinen Isarboulevard vor. Eine Idee, die vielen Münchnern sehr gut gefällt – und ein Traum, der diese Woche platzen könnte.

Fahren Autos weiterhin an der Isar?

Denn auf Antrag der Stadtrats-Grünen hin hat sich das Planungsreferat jahrelang mit dem Vorschlag beschäftigt – zumindest für den innerstädtischen Abschnitt zwischen Reichenbach- und Luitpoldbrücke. Und winkt jetzt ab und will den Stadtrat diese Woche beschließen lassen, die Autos weiter auf so vielen Spuren wie bisher an der Isar entlang sausen zu lassen. Die Frage ist: Will das auch der Stadtrat – oder nicht?


Dieser Abschnitt hätte weitgehend autofrei werden können. Wird er aber wohl nicht. Grafik: Google Earth/AZ

Das Hauptargument von Stadtbaurätin Elisabeth Merk (parteilos): Wird Autos Platz weggenommen, verschiebt sich der Verkehr in die Seitenstraßen, etwa an den Gärtnerplatz, ins Lehel, die Au und Haidhausen. "Jegliche Reduzierung des Autoverkehrs", betont Merk, "würde an der Allee zur Verdrängung des Durchgangs- und Lieferverkehrs in die benachbarten Straßenzüge führen." Die Thierschstraße etwa mit nur einer Fahrspur pro Richtung und der Tram im Fünf-Minuten-Takt könne auf keinen Fall mehr Verkehr aufnehmen.

Vorschläge für kleinere Maßnahmen

Merk schlägt nur zwei kleinere Maßnahmen vor: testweise eine Spur vor der Lukaskirche wegzunehmen und die Busparkplätze unter dem Deutschen Museum an der Erhardtstraße zu reduzieren. Richtung Süden soll eine Abbiegespur vor der Kirche testweise für drei Monate weggenommen werden, um einen Platz vor der Kirche schaffen zu können. Die CSU plant mit einem Änderungsantrag anzuregen, auch diese Sperrung mit einer Ampel nur dann zu regeln, wenn Veranstaltungen stattfinden, etwa abends oder am Wochenende. Unter der Woche soll der Verkehr wie bisher weiter fließen.

Eine Erhebung des Planungsreferats hat ergeben, dass nur wenige Busse an der Erhardtstraße von Besuchern des Deutschen Museums sind. Nun will man die Parkplatz-Zahl reduzieren. Statt 15 Schrägparkplätzen soll es nur fünf Busplätze entlang der Straße geben.

Demo für Isar-Boulevard

Jetzt gibt es wütenden Protest. Am Dienstag soll es ab 11 Uhr eine Demonstration entlang des (ursprünglich angedachten) Boulevards geben, das "Münchner Forum" appellierte am Montag: "Die Politiker sprechen von Verkehrswende, von der Reduzierung des Verkehrs in der Innenstadt, ja sogar von einer Altstadt gänzlich ohne Verkehr. Jetzt sollte sie den Mut haben, damit zu beginnen!"

Möglich, dass der Stadtrat nochmal ins Überlegen kommt. Grünen-Stadtrat Paul Bickelbacher sagte, er sei mit der Vorlage "überhaupt nicht zufrieden". Die Grünen fordern, die Entscheidung nochmal zu vertagen. Und die SPD scheint durchaus offen dafür, die Autos stärker zudrückzudrängen – wie es sich insgesamt für die Innenstadt auch ihr OB Dieter Reiter wünscht. Die SPD entschied am Montag, zu beantragen, dass die Isar-Frage zusammen mit der autofreien Innenstadt entschieden wird.

Lesen Sie auch: Strahlende Aktion - Lichtinstallation an Münchner Wahrzeichen

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.