Irrsinns-Preise für ein WG-Zimmer in München: Welcher Student kann das überhaupt zahlen?

Eine Wohnung in München zu finden, ist vor allem für Studenten eine Herausforderung. Wo die jungen Leute in der Stadt eine Unterkunft suchen, wer ihnen hilft – und wo sie letztendlich fündig werden.
von  Julia Wohlgeschaffen
Vorlesungsende am Geschwister-Scholl-Platz. Fast 53.000 Studenten sind derzeit an der LMU immatrikuliert – sie alle müssen irgendwo unterkommen.
Vorlesungsende am Geschwister-Scholl-Platz. Fast 53.000 Studenten sind derzeit an der LMU immatrikuliert – sie alle müssen irgendwo unterkommen. © Julia Wohlgeschaffen

München - Für ein neun Quadratmeter großes Zimmer ist Maria bereit, 650 Euro auszugeben. So steht es zumindest in der Anzeige der jungen Studentin, die sie auf der Wohnungs-Plattform "WG-Gesucht" aufgegeben hat.

Hier wird etwa alle zehn Minuten ein neues Gesuch für eine Wohnung in München eingestellt, inhaltlich unterscheiden sie sich kaum voneinander: Maximaler Mietpreis 600 bis 650 Euro, Mindestgröße des Zimmers um die zehn Quadratmeter. Ein hoher Preis, den viele junge Menschen in München offenbar für ein so kleines Zimmer zahlen würden – aber wohl nicht hoch genug.

Viele Wohnungs-Anzeigen haben einen Haken

Denn wer einen Blick auf die andere Seite der Plattform wirft, auf der die Wohnungsangebote inseriert werden, merkt schnell: Ein Zimmer dieser Größe in einer Wohngemeinschaft in München wird hier oft deutlich teurer angeboten, etwa für 800 bis 900 Euro. Es gibt zwar auch einige Anzeigen, die Zimmer für wenige Hundert Euro im Monat anbieten. Anzeigen wie diese haben jedoch oft einen Haken.

Sieben Mitbewohner oder eine auf drei Monate begrenzte Mietdauer, dafür aber ein günstiger Mietpreis – für Münchner Verhältnisse versteht sich... Für Studenten, die mehrere Semester in der Stadt verbringen möchten, mag letztere Option dann höchstens eine Übergangslösung sein.

Bezahlbarer Wohnraum ist in München schwer zu finden, das ist mittlerweile freilich keine große Überraschung mehr. Doch vor allem für Studenten, die mit Nebenjobs höchstens ein vergleichsweise kleines Einkommen haben, ist das ein Problem. Aus dem Rathaus kam von SPD und Grünen deshalb vor einigen Wochen der Vorschlag, dass Studenten zu Semesterbeginn Mitte Oktober vorübergehend auf dem Campingplatz in Thalkirchen unterkommen könnten. Doch diesen Vorschlag nahm keiner an.

Studentin zahlt 350 Euro für ihr Zimmer: Eine Seltenheit in München

Die AZ hat sich zum Start des neuen Semesters einmal umgehört und mit Studierenden über die Wohn-Problematik in der Stadt gesprochen. LMU-Studentin Evin (21) sitzt auf einer Fensterbank in der Mensa an der Leopoldstraße und erzählt, dass sie vom Campingplatz-Vorschlag der Stadt gar nichts mitbekommen habe, die Idee aber absurd finde.

Sie studiert Soziologie und Rechtswissenschaften im dritten Semester und wohnt in der Nähe von Freising – bei ihren Eltern. "Weil ich mir so die Lebenskosten spare", sagt die junge Frau. Vielen Studenten in ihrem Umfeld, die nicht aus München oder aus dem Umland kommen, hatten große Probleme mit der Wohnungsbeschaffung, erzählt Evin. "Die mussten übergangsweise ein paar Monate bei Freunden unterkommen. Jetzt sind die meisten in WGs."

Psychologie-Studentin Maria (22) hatte mehr Glück: Sie wohnt im kirchlichen Wohnheim und hat auf Anhieb vor zwei Jahren einen Platz bekommen: "Es hat direkt geklappt, weil ich ehrenamtlich aktiv war", erzählt Maria. Für ihr Zimmer zahlt sie 350 Euro Miete, im Vergleich zu den übrigen Angeboten auf dem Münchner Wohnungsmarkt sehr wenig. Daher sind die Plätze in den Wohnheimen auch sehr begehrt.

Tausende Bewerber auf der Warteliste des Studierendenwerks

Das Studierendenwerk München Oberbayern zählt auf seiner Warteliste derzeit rund 11.900 Bewerber. Es verfügt in seinen Wohnanlagen in München, Freising und Rosenheim über mehr als 9.000 Zimmer, die Miete liegt im Durchschnitt bei 347 Euro. Bei der Warteliste müsse man allerdings beachten, dass viele eingetragene Studenten inzwischen schon eine Unterkunft gefunden hätten und sich nicht austragen ließen – die Zahl der tatsächlich Wartenden entspreche also nicht zwingend der Zahl der Bewerber auf der Liste, erklärt das Studierendenwerk.

Im StuCafé des Studierendenwerks in der Adalbertstraße, mitten im Münchner Univiertel, steht eine große, orange Wand, an der viele Flugblätter und Plakate befestigt sind. Wohnangebote hängen hier jedoch keine – nur Gesuche. Beim Blick auf die Wand wird abermals eindrücklich deutlich: Die Nachfrage ist größer als das Angebot. Wohnraum für Studenten wird dringend benötigt, und das offenbar mehr denn je.

Das orangene "Schwarze Brett" im StuCafé an der Adalbertstraße. Hier hängen Wohnungsgesuche und Jobangebote – ein Zimmer zur Miete bietet hier im Moment niemand an.
Das orangene "Schwarze Brett" im StuCafé an der Adalbertstraße. Hier hängen Wohnungsgesuche und Jobangebote – ein Zimmer zur Miete bietet hier im Moment niemand an. © Julia Wohlgeschaffen

Rund 9.000 Erstsemester an der LMU in München

Das zeigt auch ein Blick auf die Zahl der eingeschriebenen Studenten. Professor Oliver Jahraus, der Vizepräsident der LMU für den Bereich Studium, teilt mit: "Unsere aktuellen Immatrikulationszahlen für das Wintersemester 2023/24 zeigen einen weiteren Aufwärtstrend."

Die Universität habe fast 53.000 Studenten immatrikuliert, rund 9.000 davon seien Erstsemester. "Die Thematik der mangelnden Wohnplätze für Studentinnen und Studenten – wie mittlerweile auch in anderen deutschen Großstädten – ist uns bewusst", sagt Jahraus. Die Lösung dieser Problematik gehöre aber nicht zum zentralen Aufgabengebiet einer Universität. "Das Münchner Studierendenwerk ist diesbezüglich der richtige Ansprechpartner und kümmert sich aktiv um eine Verbesserung der Wohnlage für Studierende in München in enger Zusammenarbeit mit den politischen Institutionen", teilt Jahraus mit.

Viele Studenten kommen übergangsweise bei Freunden unter

Als Student in München eine Wohnung zu finden, bleibt im Moment also weiter eine große Herausforderung. Aber die jungen Leute scheinen sich zumindest gegenseitig dabei zu unterstützen, viele Studenten kommen zumindest zeitweise bei Freunden und/oder Kommilitonen unter. Für viele von ihnen ist das jedoch nur eine Notlösung.

Maria sucht indes weiter nach einer passenden Bleibe, ihr Gesuch ist noch immer auf der Wohnungs-Plattform zu finden.

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