Irrer Deal: Stadt soll rätselhaften Verkauf prüfen

Hat die Stadt bei einem Grundstücksverkauf Geld hergeschenkt, weil sie vorher keinen städtebaulichen Wettbewerb ausgeschrieben hat? Das wollen Stadträte wissen. Es geht um eine Millionensumme
von  Christian Pfaffinger
Während die Fläche MK 1 nebenan brach liegt, wird auf diesem Teil des Grundstücks bereits gebaut: In diesem Bauabschnitt auf dem Areal der ehemaligen Funkkaserne entsteht eine neue Wohnsiedlung.
Während die Fläche MK 1 nebenan brach liegt, wird auf diesem Teil des Grundstücks bereits gebaut: In diesem Bauabschnitt auf dem Areal der ehemaligen Funkkaserne entsteht eine neue Wohnsiedlung. © Gregor Feindt

Hat die Stadt bei einem Grundstücksverkauf Geld hergeschenkt, weil sie vorher keinen städtebaulichen Wettbewerb ausgeschrieben hat? Das wollen Stadträte wissen. Es geht um eine Millionensumme

München - Es ist momentan nur eine Kiesbrache, mit ein paar Pfützen drauf und umgrenzt von einem Bauzaun. Man sieht dem Grundstück MK 1 im Nordwesten der Fläche der ehemaligen Funkkaserne am Frankfurter Ring nicht an, dass es eine Goldgrube ist. Und zwar für einen privaten Investor, der das Grundstück von der Stadt erworben und es drei Monate später für mehr als das Doppelte wieder verkauft hat.

Seit die Fraktion aus Grünen und Rosa Liste im Stadtrat nach dem Hintergrund dieses spektakulären Verkaufs gefragt und die AZ darüber berichtet hat, drängen Politiker auf eine Antwort der Stadtverwaltung. Sie wollen wissen, ob sich die Stadt eine Millionensumme entgehen hat lassen.

Der fragwürdige Deal lief so: Im vergangenen Jahr hat das Kommunalreferat das Grundstück für 8,8 Millionen Euro an eine private Immobilienfirma verkauft. Diese Firma soll das Grundstück nur drei Monate später zum Preis von 18 Millionen Euro weiterverkauft haben – mit einer sagenhaften Rendite von 104,5 Prozent also.

Das brachte die Stadträte um den Grünen Herbert Danner auf die Fragen: „Weiß die Stadt nicht, was ihre Grundstücke wert sind? Und hat sie dadurch viel Geld an einen privaten Investor verschenkt?“ Auf Anfrage der AZ hat der Sprecher des Kommunalreferats, Bernd Plank, diese Fragen zurückgewiesen: „Niemand kennt den Münchner Immobilienmarkt besser als das städtische Bewertungsamt. Auch in diesem Fall war die Bewertung richtig.“ Der neue Eigentümer habe das Grundstück aber „weiterentwickelt“, weswegen der Wert stieg.

Am Bebauungsplan hat sich aber nichts geändert. Das Grundstück ist als Kerngebiet ausgewiesen und soll vor allem der Nahversorgung der neuen Wohngebiete auf dem Areal der ehemaligen Funkkaserne dienen. Das Gelände darf nur zu einem Viertel mit Wohnungen bebaut werden.

Die „Weiterentwicklung“ war nach AZ-Informationen ein städtebaulicher Wettbewerb, bei dem Architekten Pläne für das Grundstück ausgearbeitet haben. Der Wettbewerb soll aber zum Zeitpunkt des zweiten Verkaufs noch gar nicht abgeschlossen gewesen sein. „Wenn ein Wettbewerb so enorme Auswirkungen auf den Wert eines Grundstücks haben sollte, dann müsste die Stadt künftig ja nur noch nach solchen Wettbewerben verkaufen“, sagt der Grüne Herbert Danner.

Sollte die Stadt künftig vor dem Verkauf selbst Wettbewerbe machen?

Die SPD-Fraktion im Rathaus fordert nun in einem Antrag, dass die Stadtverwaltung prüfen soll, ob es für die Landeshauptstadt München rentabel ist, vor dem freien Verkauf städtischer Grundstücke generell einen städtebaulichen Wettbewerb durchzuführen. Falls die Grundstücke dadurch tatsächlich wertvoller gemacht und teurer verkauft werden können, soll der zusätzliche Gewinn in die Förderung von günstigem Wohnraum und Genossenschaften fließen.

Unklar ist derzeit aber nicht nur, wie ein unfertiger Wettbewerb so einen Preisanstieg bringt, sondern auch, wie sich der Deal für den zweiten Käufer rentieren soll. Um Gewinn zu machen, müsste der das Gelände mit Eigentumswohnungen bebauen, das bringt am meisten Rendite. Das gibt der Bebauungsplan aber nicht her. Eine Änderung müsste von der Stadt genehmigt werden. Die würde dann über eine Kaufpreiserhöhungklausel mitverdienen: Wenn der Käufer mit einem Weiterverkauf Profit macht, bekommt die Stadt einen Anteil vom Gewinn.

Aber zu dem Preis, den der zweite Käufer gezahlt hat, gibt es unterschiedliche Angaben. So berichtet etwa die„SZ“, dass der erste Käufer, die Immo-Firma „Munich Gate“, nur 13,4 Millionen vom zweiten Käufer erhalten habe. Bereits das sei ein „überhöhter Liebhaberpreis“, so die Firma. Der Weiterverkauf sei in zwei Schritten abgelaufen, eine andere Firma habe dann die 18 Millionen für sich verbucht.

 

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