IQ-Test-Studie: Frauen schlauer als Männer!

München - Es ist der ewige Kampf der Geschlechter, der mal beim Kreuzworträtseln und mal beim gemeinsamen TV-Quiz-Schauen ausgefochten wird – und zwar meist auf ganz subtile Weise: Frauen halten sich für schlauer als Männer. Und Männer behaupten umgekehrt dasselbe von sich. Doch jetzt schlägt sich ausgerechnet ein Mann auf die gegnerische Seite: Der bekannte Wissenschafter James R. Flynn von der University of Otago in Neuseeland attestiert Frauen eine im Durchschnitt höhere Intelligenz.
Auf dieses Überholmanöver dürften außer Flynn die wenigsten Männer gefasst sein: Denn seit vor hundert Jahren die ersten Intelligenztests durchgeführt wurden (siehe Artikel unten), tat sich über viele Jahrzehnte zwischen den Geschlechtern wenig: Die Ergebnisse von Männern und Frauen ähnelten sich. Zwar legten beide in puncto IQ von Generation zu Generation zu – der so genannte „Flynn-Effekt“, den der Wissenschaftler bereits in den Achtzigern mit der verbesserten Ernährung und der zunehmenden Komplexität der modernen Welt erklärte: So steigt der Intelligenzquotient im Bildungsbürgertum von Industrienationen jährlich um durchschnittlich 0,3 IQ-Punkte. Doch trotz dieses Effekts schnitten Frauen regelmäßig um fünf Punkte schlechter ab als Männer. Manche Wissenschaftler schoben das auf die Gene, andere auf die Bildung und fanden sich damit ab.
Doch jetzt verschiebt sich das Bild – und erstmals liegen die Frauen bei den Tests vorne. Ein schmerzvolles Ergebnis für das männliche Geschlecht, das sich laut Studien in IQ-Tests gerne selbst überschätzte – während sich Frauen unterschätzten. Flynn erklärt: „Der IQ von Frauen und Männern hat in den vergangenen hundert Jahren zugenommen, aber bei den Frauen schneller.“ Diesen Effekt erklärt der 77-Jährige mit dem anspruchsvollen Lebensmodell moderner Frauen, das so viel Multitasking zwischen den verschiedenen Lebensbereichen erfordert: dort der Beruf, in dem Frauen sich beweisen wollen. Hier die Familie, die gemanagt werden will. Noch dazu ein voll gepackter Freizeitkalender zwischen Fitness und anderen Hobbies.
Es ist ein versöhnliches Ergebnis: Ausgerechnet das also, was deutschen Frauen im Alltag zu schaffen macht, hat einen positivem Effekt auf den IQ. Und noch etwas macht Wissenschaftler für die neuen weiblichen IQ-Blitze verantwortlich: Frauen hätten sich lange selbst unterschätzt und würden „sich ihres vollen geistigen Potentials erst langsam bewusst“.
Wie groß dieses geistige Potential auch in Deutschland ist, dazu braucht es allerdings nicht unbedingt Intelligenztests. Denn schon seit Jahren zeigen immer wieder Bildungsstudien, dass es in erster Linie Mädchen und junge Frauen sind, die den Bildungsstand in Deutschland anwachsen lassen. Der jüngste Bildungsbericht der Bundesregierung belegt diesen Trend eindrucksvoll: Unter den 30- bis 35-Jährigen hatten erstmals mehr Frauen (23 Prozent) einen Hochschulabschluss vorzuweisen als Männer (22) . Von den Frauen zwischen 60 und 65 Jahren, also der Müttergeneration, hatten nur 10 Prozent einen vergleichbaren Abschluss. Auf dem Arbeitsmarkt ein ähnliches Bild: Mehr junge Männer als Frauen sind arbeitslos.
Und der Trend setzt sich bei den nachwachsenden Generationen fort: Bereits in der Schule schneiden Mädchen seit Jahren besser ab als Jungs. So bringen Mädchen im Schnitt bessere Noten als Jungen (2,58 versus 2,67) nach Hause, so ein Ergebnis der Vodafone-Stiftung von vergangenem Herbst. Dass sich diese Ergebnisse nicht in den Führungsebenen deutscher Konzerne widerspiegeln, ist ein bekannter Widerspruch. Da hilft es auch nichts, dass Wissenschaftler schon vor Jahren darauf verweisen, dass Frauen die kollektive Intelligenz in Teams erhöhen.
Was das bedeutet? Die soziale Sensitivität, die bei Frauen stärker ausgeprägt ist als bei Männern, wirkt sich positiv auf die Leistung einer gemischten Gruppe aus. Ergebnis: Emotionale Intelligenz sticht allgemeine Intelligenz. Und nun holen Frauen auch noch bei der allgemeinen Intelligenz auf. Ob sich deutsche Firmenbosse von Flynns IQ-Thesen beeinflussen lassen, bleibt freilich abzuwarten. Dabei führt der neuseeländische Wissenschaftler an, dass sich Männer in Zukunft auf noch mehr schlaue Frauen einstellen müssen.
Fazit seiner Beobachtungen: „Der Effekt der Moderne auf Frauen beginnt gerade erst, sich auszuwirken.“ Ein Punkt, der vor allem heranwachsenden Mädchen und jungen Frauen Mut machen dürfte. Dass jedoch auch kleine Mädchen ganz schön schlau sein können, zeigt das Beispiel von Heidi Hankins. Bei der vierjährigen Britin, die sich selbst Lesen beigebracht hatte und wohl bei der Einschulung ein Jahr überspringen darf, wurde vor einigen Monaten ein IQ von 159 getestet. Damit ist sie fast so klug wie das Jahrhundert-Genie Albert Einstein (IQ von 160) – und seit kurzem auch eines der jüngsten Mitglieder im internationalen Netzwerk der Hochbegabten, Mensa. Geht es nach Flynn, bleibt sie nicht die einzige.
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Ein Deutscher hat den IQ erfunden
Ist Intelligenz wirklich messbar? Forscher sind davon überzeugt. Zwei Prozent sind hochbegabt.
Intelligenz ist, was der Intelligenztest misst“, lautet eine weit verbreitete Psychologenweisheit – sie ist ein gefundenes Fressen für Skeptiker und Test-Phobiker: Wie bloß können sich Grips und Scharfsinn in Zahlen ausdrücken lassen?
Tatsache ist, dass es Intelligenztests seit mehr als hundert Jahren gibt und sich daraus eine ganze Wissenschaft entwickelt hat. Den ersten anerkannten Intelligenztest entwickelte 1904 der französische Psychologe Alfred Binet: ein Einschulungstest für Kinder. Binet testete Logik und abstraktes Denken der Kinder, stoppte dabei die Zeit – und entschied so über den Werdegang der Kinder.
Doch was meinen Forscher überhaupt mit Intelligenz? Dafür gibt es unterschiedliche Erklärungen, doch verbreitet ist diese Definition von 52 Intelligenzforschern aus den Neunzigern: „Intelligenz ist eine sehr allgemeine geistige Kapazität, die unter anderem die Fähigkeit zum logischen Denken, zum Planen, zur Problemlösung, zum abstrakten Denken, zum Verständnis komplexer Ideen, zum schnellen Lernen und zum Lernen aus Erfahrung umfasst.“ Kein Schulbuchwissen also. Keine akademische Sonderbegabung. Kein testorientiertes Spezialtraining.
Intelligenz, so die Forscher, lasse sich gut testen. Heute stehen eine ganze Reihe verschiedener Standardtests zur Verfügung, die verschiedene Schwerpunkte beispielsweise auf Logik, Wortschatz, Mathematik oder auch Merkfähigkeit und geistige Geschwindigkeit legen. Die bis heute verbreitetste Messgröße dafür ist der Intelligenzquotient (IQ) – ein Begriff, den der deutsche Psychologe Wilhelm Stern 1912 geprägt hatte.
Der IQ bemisst sich daran, wie gut der Proband Rechenaufgaben löst, Reimwörter findet, Buchstabenfolgen ergänzt oder eine Reihe unterschiedlicher Muster sinnvoll um ein weiteres Symbol vervollständigt. Die meisten Testteilnehmer in Deutschland erreichen einen Wert zwischen 85 und 115 Punkten und gelten als normal intelligent. Werte darüber oder darunter sind eher selten. Als hochbegabt gelten Menschen mit einem IQ von 130 und mehr, was auf zwei Prozent der Deutschen zutrifft.
Leuchtende IQ-Vorbilder sind Wissenschaftler wie Albert Einstein und Stephen Hawking, denen ein IQ von 160 nachgesagt wird. Sie wollen ihren IQ testen? Einige Testaufgaben stellt der Hochbegabtenverein Mensa auf www.mensa.de zusammen. Die Teilnahme am wissenschaftlichen Intelligenztest des Netzwerks kostet 49 Euro.