Integrationsbericht München: Die Hälfte zur Hauptschule

Der erste Münchner Integrationsbericht zeigt: Ausländische Kinder schaffen es seltener aufs Gymnasium, finden schwerer einen Ausbildungsplatz – und haben schlechtere Chancen am Arbeitsmarkt
von  Abendzeitung
36 Prozent der Münchner haben Migrationshintergrund
36 Prozent der Münchner haben Migrationshintergrund © dpa

MÜNCHEN - Der erste Münchner Integrationsbericht zeigt: Ausländische Kinder schaffen es seltener aufs Gymnasium, finden schwerer einen Ausbildungsplatz – und haben schlechtere Chancen am Arbeitsmarkt

Gut ein Drittel der Münchner hat Migrationshintergrund. Ohne sie wäre München nicht mal eine Millionenstadt. Wie gut sind Menschen mit ausländischen Wurzeln integriert? Diese Frage will der erste Münchner Integrationsbericht beantworten, der am nächsten Dienstag im Stadtrat diskutiert wird (AZ berichtete). Eines zeigt das Dokument deutlich: Gerade im Bildungsbereich muss sich noch viel tun. Ein Überblick.

Kitas: Es beginnt bei den Kleinsten. Bei der Betreuung von Kindern bis drei Jahren sieht der Bericht deutlichen Nachholbedarf. Der Anteil der Zwergerl mit Migrationshintergrund lag in den Tageseinrichtungen bei 35 Prozent. Gemessen daran, dass inzwischen mehr als 52 Prozent der Kleinkinder ausländische Wurzeln haben, ist das laut Sozialreferat „noch zu gering“. Auch ein Grund dafür: das immer noch zu knappe Angebot an Krippenplätzen.

Die Lage in den Kindergärten ist entspannter. Bei den Drei- bis Sechsjährigen mit Migrationshintergrund ist der Wert besser. Knapp 47 Prozent besuchen eine Kita. Allerdings, so zeigt die Statistik, oft nicht lange genug.

Übertritt: Nach der vierten Klasse werden die Weichen für die Zukunft gestellt. Leider sind die Zahlen im Integrationsbericht dazu nicht gerade frisch – sie stammen von 2007/2008. Nichtsdestotrotz zeigen sie die Dimension des Ungleichgewichts: 60 Prozent der deutschen Kinder schafften den Sprung ins Gymnasium – aber nur 28 Prozent der ausländischen. Selbst bei gleicher Leistung bekommen Kinder mit Migrationshintergrund seltener eine Gymnasialempfehlung als ihre deutschen Altersgenossen. Das wird bundesweit festgestellt. In München kam im besagten Schuljahr fast die Hälfte der Migrantenkinder auf die Hauptschule.

Schulabschluss: Ausländische Jugendliche verlassen mehr als doppelt so häufig die Schule ohne Abschluss wie deutsche. Ihre Chancen, die Hochschulreife zu schaffen, sind nicht mal halb so groß. Doch die Lage scheint sich zu bessern: Die Zahl der Schulabbrecher ist um 5 auf 15 Prozent gesunken. Gleichzeitig schafften mehr ausländische Jugendliche die Mittlere Reife (26 Prozent) oder das Abi (13 Prozent). Das Fazit im Bericht: „Trotz eines Hoffnungsschimmers bei den Schulabschlüssen ausländischer Jugendlicher ist die Ungleichheit im Bildungsbereich signifikant.“

Ausbildung: Die Schieflage setzt sich fort. Ausländische Jugendliche tun sich schwerer, einen Ausbildungsplatz zu finden. 2008 bekamen 63 Prozent der Hauptschulabgänger ohne Migrationshintergrund einen Azubistelle. Aber nur 42 Prozent der Jugendlichen, die in Deutschland geboren wurden, aber ausländische Wurzeln haben. Bei den Teenagern, die selbst aus dem Ausland zugezogen sind, bekamen sogar nur 31 Prozent einen Platz.

Arbeitsmarkt: Beschäftigte mit ausländischer Staatsangehörigkeit sind im Niedriglohnsektor überrepräsentiert. Sie stehen häufiger in prekären Beschäftigungsverhältnissen und sind doppelt so häufig von Arbeitslosigkeit betroffen wie Deutsche (10 gegenüber 5 Prozent). Im Integrationsbericht steht: Hochqualifizierte Ausländer, deren Abschluss noch nicht anerkannt worden sei, hätten genauso schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt wie Migranten ohne Abschluss. „Hier wird wertvolles Potenzial vergeudet.“

Gewerbe: Das ist Unternehmergeist: Die Anmeldungen ausländischer Gewerbegründer sind stark gestiegen. Sie haben 22 Prozent aller 176 325 Gewerbe angemeldet.

Schulden: Menschen mit Migrationshintergrund sind überdurchschnittlich oft von Armut betroffen. 2009 betreuten Münchner Schuldnerberatungen 5161 Haushalte – 39,1 Prozent der Ratsuchenden waren Ausländer.Julia Lenders

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