Innenstadt wegen Corona so leer wie nie: Die Händler darben

München - Die Zahlen sind eindeutig - und könnten branchenbedingt kaum unterschiedlicher sein. Das zeigt der aktuelle Bericht der Marktforscher vom Immobilienverband Deutschland (IVD). Während Münchner Büromieten auf hohem Niveau verharren, gehen die Ladenmieten sehr deutlich zurück, sogar in besten Lagen.
Büromieten weiterhin sehr teuer
Die höchsten Büromieten werden derzeit bei Neubauten in Bestlage verlangt: zwischen 30 und 45 Euro je Quadratmeter. Stephan Kippes vom IVD erklärt das so: "Die meisten Unternehmen warten ab, wie sich die Pandemie entwickelt und kündigen ihre Räume nicht." Denn eigentlich herrsche derzeit weniger Büroflächen-Bedarf durch das Arbeiten im Homeoffice. Aber: "Der Platz im Büro wird trotzdem gebraucht, weil ja mehr Abstand gehalten werden muss", sagt Kippes.
Bei den Ladenmieten sieht das anders aus. Noch im Frühjahr 2020 kostete die Quadratmeter-Miete bei Läden mit etwa 80 Quadratmetern Größe im 1a-Geschäftskern (zum Beispiel rund um den Marienplatz) etwa 410 Euro pro Monat. Im Herbst sank dieser Wert auf 370 Euro. Auf Geschäftsflächen mit 200 Quadratmetern sank der Preis von 320 auf 290 Euro. Das erstaunt auch Kippes: "Normalerweise sind das Supertanker, die völlig stabil im Wasser liegen."
(Noch) Mehr Menschen kaufen online
Die Nachfrage von Einzelhandelsflächen ist erwartbar gesunken. Natürlich spielt die Pandemie eine Rolle. Sie treibt Kunden in die Arme von Online-Verkaufs-Riesen. Gemütlich am Computer von Hause bestellen - das scheint das Gebot der Stunde zu sein, völlig ohne Ansteckungsgefahr. Das scheinen die Passantenzahlen zu belegen, die regelmäßig erhoben werden, an der Kaufingerstraße, Neuhauser Straße oder am Stachus.
Wolfgang Fischer, Sprecher der Innenstadtvereinigung der Münchner Geschäftsleute, sagt zur Online-Verführung, die auch vor Corona viele unter Druck setzte: "Wer regionale, städtische Unternehmer unterstützen will, sollte daran denken, dass die meisten von ihnen mittlerweile umfangreiche Online-Shops haben." Doch so oder so: Die Laufkundschaft fehlt durch Corona - in pandemiefreien Zeiten ein Rückgrat für den stabilen Umsatz.

Am Stachus sind die Zahlen eingebrochen
Kippes hebt beispielhaft den Einbruch der Zahlen am Karlsplatz hervor. "Normalerweise liefert sich der Stachus ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Kaufingerstraße", sagt er. Die neueste Zählung aus dem Spätsommer ergab, dass an dieser Messstelle im Vergleich zu 2019 etwa 3.000 Personen pro Stunde fehlten: 3.404 waren es (2019: 6.407). An der Kaufingerstraße ist der Einbruch nicht so dramatisch, aber deutlich. 4.772 Passanten pro Stunde wurden hier registriert (2019: 5.967). Doch es gibt auch eine gute Nachricht. Sie lautet: Beim zweiten Lockdown haben alle dazugelernt.
Beim Frühjahrs-Lockdown war der Rückgang der Passantenzahlen in der Innenstadt dramatisch: gerade einmal sechs Prozent des üblichen Aufkommens an der Kaufingerstraße. Hier wurde ein wöchentlicher Wert erhoben: 31.288 Passanten. Das hatte auch damit zu tun, dass viele Geschäfte zunächst schließen mussten. "Für die Geschäftsleute war das alles eine Maximalkatastrophe", sagt Kippes.
Fast die Hälfte weniger Passanten in der Innenstadt
Beim zweiten Lockdown jedoch war der Einbruch nicht so extrem. Deutlich mehr Münchner trauten sich hinaus. In der ersten Woche des "Lockdown light" im Herbst wurden in der Kaufingerstraße pro Woche 251.727 Passanten gezählt. Das entspricht etwa 48 Prozent des je gemessenen Höchstwertes von rund 500 000.
Fischer hat aktuelle Zahlen aus der Neuhauser Straße: Am ersten Adventssamstag 2019 seien hier zwischen 10 Uhr und 20 Uhr 177.000 Menschen gezählt worden. Am vergangenen Adventssamstag waren es nur noch 77.000. Schuhe, Taschen, Textilien, Gutscheine: Fischer appelliert an das Timing. "Noch nie konnte man entspannter für Weihnachten einkaufen", sagt er. Und es lasse sich auch mit dem nötigen Abstand flanieren. Schließlich gebe es heuer keine Christkindlmärkte - und dadurch unendlich viel Platz. Optimismus sei trotz allem da. "Die Unternehmer sehen einen Silberstreif am Horizont", sagt Fischer, "alle hoffen, dass durch die Impfstoffe Schritt für Schritt Normalität einkehrt."